Ausgewachsenes Schimpansen-Weibchen bei der Inspektion eines Futterbaumes.

Foto: K. Janmaat

Leipzig - Wo suchen Schimpansen im Regenwald nach Früchtenachschub? Ein internationales Forscherteam des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat untersucht, warum Schimpansen auf ihrer Nahrungssuche ganz bestimmte Bäume im Regenwald ansteuern und wie sie besonders ertragreiche Bäume finden. Die Wissenschafter stellten dabei fest, dass Schimpansen dafür ihr Langzeitgedächtnis nutzen: Sie merken sich über eine Dauer von mindestens zwei Monaten die Größe und geografische Lage bestimmter Bäume, die bei der Nahrungssuche ergiebig waren.

Regelmäßige Nachschau

Für ihre Studie haben die Forscher im Taï-Nationalpark an der Elfenbeinküste das Verhalten von fünf weiblichen Schimpansen über Zeitabschnitte von jeweils vier bis acht Wochen kontinuierlich aufgezeichnet. Die Auswertung der Daten ergab, dass die Tiere besonders große, ergiebige Bäume bevorzugten, vor allem dann, wenn deren Früchte ihren typischen Geruch ausströmen. Interessanterweise besuchten sie diese Bäume auch dann häufiger, wenn sie gerade keine Früchte trugen, ihre Aufmerksamkeit also nicht durch Geräusche fallender Früchte oder deren Geruch erregt wurde.

Die Forscher stellten zudem fest, dass Schimpansen während ihrer Reise durch den Regenwald zwar die meisten Bäume überprüfen, aber nur etwa 13 Prozent davon zielgerichtet ansteuern. Das gezielte Vorgehen wird nicht durch visuelle Reize ausgelöst und kommt hauptsächlich dann vor, wenn Weibchen den Wald zur Nahrungssuche allein durchstreifen und sich vergleichsweise großen Bäumen gegenüberfinden. Die Forscher analysierten, welche von fast 16.000 potenziellen Obstbäumen die Schimpansen tatsächlich aufsuchten und zogen daraus den Schluss, dass sich die Tiere bei der Auswahl von ihrem Gedächtnis leiten ließen.

Erinnerungszeitraum zwischen zwei Monaten und drei Jahren

Die Beobachtung eines Schimpansenweibchens über drei aufeinander folgende Jahre zeigte ebenfalls, dass es sich an die Nahrungsaufnahme aus der Vergangenheit erinnern konnte. Langjährige Monitoring-Daten zur jahreszeitlichen Entwicklung individueller Bäume ergaben, dass das Intervall zwischen aufeinanderfolgenden Fruchtsaisons - und damit der potenzielle Erinnerungszeitraum der Tiere - zwischen zwei Monaten und drei Jahren variieren.

"Unsere Studie zeigt erstmalig, dass unsere nächsten Verwandten auf der Suche nach neu produzierten tropischen Früchten ihr Langzeitgedächtnis verwenden", erklärt Karline Janmaat vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. "Sie erinnern sich also an die vergangene Nahrungsaufnahme, lange nachdem die Bäume abgeerntet worden sind", so die Forscherin. (red, derStandard.at, 27.10.2013)