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Pro
Von Sigi Lützow

Nichts gegen die Maultrommel! Sie ist ein wunderbar handliches Instrument. Gekonnt bedient, entführt ihr Klang ins Ländliche, malt Bilder: Alpenglühen, tiefverschneiter Tann. Und genau das ist das Problem der Maultrommel. Wie die Mundharmonika, deren Spiel unweigerlich Lynchszenen aus dem Wildesten Westen oder verrauchte Hafenschenken vor dem geistigen Auge entstehen lässt, passt die Maultrommel schlecht in ein urbanes Umfeld.

Wem ein Kontrabass oder ein Schlagzeug zu sperrig ist, der soll es mit einem Kamm probieren. Der passt in jede Hosentasche, auch wenn seine Aufbewahrung in Gesäßnähe angeraten ist - wegen der geringeren Bruch- und Verletzungsgefahr. Damit aus dem Kampl ein lustiger wird, bedarf es noch eines Stückchen Papiers, am besten Pergamentpapiers, das als Membran dient. Mit einem derart getunten Kamm ist nahezu alles spielbar, vom Lied bis zum Oratorium, von Mozart bis Stockhausen.

Nur Orgelstücke sind mit dem Kamm ein wenig haarig.

Kontra
Von Otto Ranftl

Wahrscheinlich ist die Sissy schuld, dass der Herrenkamm dem Badezimmer entkommen konnte, die Lohner-Sissy, eine rachitische Randsteinrakete aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit hochtönend Ohrenschmerz erzeugenden 50 Kubikzentimetern unterm glänzenden Tank, das Blech gerne in elegantem Rot-Schwarz gehalten, gelegentlich mit appliziertem Fuchsschwanz. Beim Wiener Schlurf war dieses Moped beliebt.

Es war die Zeit der Presley-Tolle. Kein Helmzwang drückte damals auf die Haarpracht, dafür machte der Fahrtwind dem Rockabilly zu schaffen. Die Jeans machten sich langsam im europäischen Stadtbild breit, und in ihren Taschen kam der Kamm in die freie Wildbahn. Der schicke junge Mann lehnte an seinem Zweirad, zog mit der rechten den Kampl heraus und strich mit der Linken die Tolle zurecht. Was der Dame mit der Bienenstockfrisur irgendwie imponierte, wenn die Erinnerung nicht täuscht.

Ziemlich retro, der Kamm in der Hose, nix für heute. (Rondo, DER STANDARD, 31.10.2013)