Video von den Metaller-Verhandlungen.

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Die Arbeitnehmervertreter Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Proyer (GPA) am Montag bei den KV-Verhandlungen für die Beschäftigen in der Maschinen- und Metallwarenindustrie (v. l.).

Foto: APA/Hochmuth

Die Wirtschaft wünscht sich flexible Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer wünschen sich ausreichend hohe Löhne. Das ist kurz zusammengefasst die Zauberformel von Kollektivvertragsverhandlungen. Derzeit feilschen gerade die Metaller, um ihre jeweiligen Wünsche durchzusetzen.

Schon seit langem begleiten Forderungen der Arbeitgeber nach flexibleren Auslegungen der Arbeitszeit die KV-Verhandlungen, erklärt Wirtschafsforscher Ulrich Schuh von EcoAustria. "Immer wieder aufgeschoben, heute wieder auf dem Tapet", meint dazu  Jörg Flecker, Sozialwissenschafter der Universität Wien.

Im Grunde geht es um eine Verteilungsfrage. Die Unternehmer wollten sich die Überstundenzuschläge sparen, beschneiden damit aber die Einkommen, meint Flecker im Gespräch mit derStandard.at. Schuh hingegen ist der Meinung, dass wenn Fortschritte bei der Flexibilisierung erreicht würden, man den Ertrag daraus auch an die Arbeitnehmer weitergeben müsste. Es würde also zu höheren Lohnabschlüssen bei den Kollektivvertragsverhandlungen führen, so Schuh zu derStandard.at.

Anhebung der Gehälter

Die Metaller-Gewerkschaft ist mit der Forderung nach einer Anhebung der Gehälter um 3,4 Prozent, mindestens aber 100 Euro, in die diesjährigen Gespräche gegangen. Die Arbeitgeber haben zuletzt 2,3 Prozent mehr Lohn angeboten. Nachdem die Gewerkschaft schon mit Streik gedroht hat, wurden heute die Verhandlungen wieder aufgenommen.

Vor allem der Wunsch der Industrie nach flexibleren Arbeitszeitkonten und die Ausdehnung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von derzeit zehn auf zwölf Stunden passte den Arbeitnehmervertretern gar nicht. Gar von Erpressungsversuch war die Rede, vor allem da die Industrie kein Entgegenkommen beim Lohnabschluss erkennen lassen wollte. Deswegen griff man für österreichische Verhältnisse recht rasch zur Eskalationsstufe Streik. Derzeit scheint dieser vom Tisch.

Flexibilisierung ausklammern

Vom Tisch scheint auch das Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Die Wirtschaft will die Angelegenheit vorerst aus den Gesprächen ausklammern. Worauf die Arbeitgeber bereits zuvor verzichtet haben: die Rauchpausen als Freizeit zu werten. Unverzichtbar galt den Arbeitgebern eine flexiblere Arbeitszeit, weil sich die Maschinen- und Metallwarenindustrie sonst im internationalen Wettbewerb nicht mehr behaupten könne.

Einig sind sich Flecker und Schuh darin, warum die Industrie auf flexiblere Arbeitszeitenregelungen pocht: die Kosten. Überstunden kosten einfach Geld. Flecker: "Allerdings: Die heimischen Arbeitszeiten sind im internationalen Vergleich recht lang. Wer über eine Verlängerung spricht, muss auch mögliche Gesundheitsprobleme mitdenken." Laut Statistik Austria arbeiteten die Österreicher im Jahr 2012 im Durchschnitt 43,6 Stunden pro Person und Woche.

Schuh setzt die Gleichung so an: Mehr Flexibilität bedeutet ein höheres Produktivitätspotenzial. In einem schwer vorhersehbaren wirtschaftlichen Umfeld mit großen Schwankungen in der Nachfrage würde mit flexibleren Arbeitszeitregelungen der Spielraum größer werden, um längere Zeiträume durchzurechnen - und am Schluss mehr übrig bleiben, das verteilt werden kann.

Sozialwissenschafter Flecker gibt generell zu bedenken, dass in Österreich zwar der Export recht gut laufe, der Inlandskonsum aber schwächle - auch wegen der schwachen Entwicklung von Reallöhnen. Die Arbeitnehmer konnten in den vergangenen Jahren kaum vom Wirtschaftswachstum profitieren. (Regina Bruckner, Daniela Rom, derStandard.at, 28.10.2013)