Stephan Nitzl ist Rechtsanwalt bei DLA Piper Weiss-Tessbach.

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Userfrage: Was ist eine "Sicherheitsvertrauensperson" bzw. welche Aufgaben hat sie?

Sicherheitsvertrauenspersonen sind - im Gegensatz zu Sicherheitsfachkräften, die auch "Externe" sein können - immer bestimmte Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebes, die mit dieser Funktion betraut wurden. Nach der Intention des Gesetzes ("ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG") ist es ihre Aufgabe, durch ihre unmittelbare Einbindung in das betriebliche Geschehen Arbeitsschutzprobleme im Betrieb zu erkennen und entsprechende Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Sie vertreten in Abstimmung und Zusammenarbeit mit den entsprechenden Belegschaftsorganen - sofern vorhanden - die Sicherheits- und Gesundheitsinteressen ihrer Kollegen gegenüber dem Arbeitgeber und den zuständigen Behörden und Stellen (z.B. Arbeitsinspektorat).

Reihe wechselseitiger Rechte und Pflichten

In diesem Zusammenhang bestehen eine Reihe von wechselseitigen Informations-, Beratungs- und Unterstützungsverpflichtungen zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat, Belegschaft sowie den Sicherheitsvertrauenspersonen. Dazu zählt beispielsweise ein Anhörungs- und Beteiligungsrecht in Fragen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes, bei der Bestellung oder Abberufung von Arbeitsmedizinern, Sicherheitsfachkräften, Ersthelfern und Brandschutzbeauftragten sowie ein Informationsrecht hinsichtlich zahlreicher Arbeitnehmerschutzbelange sowie Zugang bzw. zur Verfügung stehen von Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten und diesbezüglichen Aufzeichnungen.

Sicherheitsvertrauenspersonen sind vom Arbeitgeber zu bestellen, sofern in einem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die konkrete Anzahl der zu bestellenden Sicherheitsvertrauenspersonen richtet sich dabei nach der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerzahl - z.B zwei ab 51 Arbeitnehmern, drei ab 101, vier ab 301, fünf ab 501 usw.

Bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt werden

Arbeitnehmer dürfen nur dann zu Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt werden, wenn sie die - für ihre Aufgaben notwendigen - persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllen. Die notwendigen fachlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn eine Sicherheitsvertrauensperson eine Ausbildung auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes im Ausmaß von mindestens 24 Unterrichtseinheiten (zu jeweils 50 Minuten) absolviert hat.

Die Bestellung erfolgt jeweils für die Funktionsdauer von vier Jahren. Die Bestellung der Sicherheitsvertrauensperson bedarf der Zustimmung der zuständigen Belegschaftsorgane - dies gilt selbst dann, wenn ein Betriebsratsmitglied diese Funktion zusätzlich übernimmt.  Ist kein Betriebsrat eingerichtet, sind alle Arbeitnehmer über die beabsichtigte Bestellung schriftlich zu informieren. Für den Fall, dass mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen gegen die beabsichtigte Bestellung Einwände erhebt, ist eine andere Person zu nominieren. Die erfolgte Bestellung der Sicherheitsvertrauensperson ist in weiterer Folge dem zuständigen Arbeitsinspektorat zu melden - es besteht hier also eine Meldepflicht.

Arbeitszeit, Kosten für Ausbildung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Sicherheitsvertrauensperson die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche und notwendige Zeit unter Anrechnung auf die Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen, die Kosten für ihre Ausbildung zu bezahlen, und unter Bedachtnahme auf die betrieblichen Belange eine regelmäßige Weiterbildung zu ermöglichen. Weiter muss ihnen der Arbeitgeber die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Behelfe und Mittel zur Verfügung stellen.

Einer Sicherheitsvertrauensperson muss Zugang zu den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten, Aufzeichnungen über Arbeitsunfälle und Grenzwertüberschreitungen, der Dokumentation der Arbeitsplatzevaluierung, Betriebsbewilligungen sowie für den Arbeitnehmerschutz relevanten Bescheide, den Protokollen über Lärm- und Schadstoffmessungen gewährt werden, damit sie ihre Aufgaben auch entsprechend wahrnehmen können.

Arbeitnehmerschutzvorschriften bleiben intakt

Zu betonen ist, dass die Bestellung einer Sicherheitsvertrauensperson den Arbeitgeber nicht von der Verantwortung für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften befreit. Grundsätzlich können Sicherheitsvertrauenspersonen nicht für die Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften durch den Arbeitgeber verantwortlich gemacht werden.

Keine Benachteiligung erlaubt

Sicherheitsvertrauenspersonen dürfen wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Sie sind in Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsfrei und haben einen so genannten "Motivkündigungsschutz". Ihre Tätigkeit darf also nicht der Grund für eine Kündigung sein, sie genießen ansonsten allerdings aufgrund ihrer Funktion alleine keinen generellen Kündigungsschutz wie es bei Betriebsratsmitgliedern der Fall ist. Sofern in der Praxis allerdings eine Kündigung einer Sicherheitsvertrauensperson erfolgt, wird der Arbeitgeber nachweisen müssen, dass nicht die Funktion sondern andere Gründe ausschlaggebend für die Kündigung waren.

Abgrenzung zu Sicherheitsfachkräften

Abschließend möchte ich zur Abgrenzung noch festhalten, dass Sicherheitsfachkräfte im Gegensatz zu Sicherheitsvertrauenspersonen nicht zwingend Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebes sein müssen. Sicherheitsfachkräfte haben über eine entsprechend anerkannte Fachausbildung zu verfügen und haben insbesondere auch mehr Beratungsfunktion für den Arbeitgeber in Hinblick auf Arbeitnehmerschutzvorkehrungen und Unfallverhütung bei der Planung von Arbeitsstätten, der Einführung und Änderung von Arbeitsverfahren, der Auswahl von Schutzausrüstungen, der Organisation des Brandschutzes und von Evakuierungsmaßnahmen etc. Selbstverständlich haben sie mit ihrem Fachwissen auch Arbeitnehmer, Belegschaftsvertreter und eben auch die Sicherheitsvertrauenspersonen zu beraten. (Stephan Nitzl, derStandard.at, 4.11.2013)