Diese 24.000 Jahre alten Knochen aus Sibirien verbinden Europäer mit Ur-Amerikanern.

Foto: Eremitage

Washington/Wien - Die Geschichte der Besiedelung Amerikas ist mittlerweile gut dokumentiert und abgesichert: Vor mehr als 15.000 Jahren wanderten Menschen aus Nordostasien über die damals zugefrorene Beringstraße nach Alaska und von da aus weiter nach Nord- und Südamerika ein.

Dennoch gibt es etliche offene Fragen: So weisen einige Skelette aus Nordamerika - wie das des 9500 Jahre alten Kennewick-Mannes - europäische Merkmale auf. Eine unbeachtet gebliebene Studie im Fachblatt "Genetics" berichtete 2012 auch von europäischen Spuren in "indianischer" DNA. Kann es also sein, dass es lange vor Kolumbus auch eine Einwanderungswelle aus Europa gab?

Eine aufsehenerregende neue Lösung zu diesem Rätsel präsentierte der dänische Forscher Eske Willerslev (Uni Kopenhagen) dieser Tage bei einer Konferenz in Santa Fe. Der führende Paläogenetiker berichtete, dass er die DNA des sogenannten Malta-Jungen sequenziert hat, eines 24.000 Jahre alten Skeletts, das in den 1920er-Jahren nahe der südsibirischen Stadt Irkutsk entdeckt worden war und heute in der Eremitage in Sankt Petersburg aufbewahrt wird.

Das Genom des uralten sibirischen Kindes ist damit das älteste bekannte eines modernen Menschen, und die Publikation der DNA im Wissenschaftsjournal "Nature" steht unmittelbar bevor. Willerslev hat auf der Tagung in Santa Fe allerdings schon einiges vorab verraten, was prompt von Science vorab berichtet wurde.

Bei Vergleichen der uralten DNA mit heutigen Populationen zeigte sich, dass sich Abschnitte exklusiv in der "indianischen" Urbevölkerung finden. Auch eine genetische Verwandtschaft mit Europäern ist belegt, nicht aber mit Ostasiaten. Willerslevs Lösung des Puzzles: Nachfahren aus der Population des Malta-Jungen und Ostasiaten haben sich gekreuzt, ehe diese Mischpopulation in Amerika einwanderte. Das würde auch das europäische Erbe der "Indianer" erklären - lange vor Karl May. (tasch, DER STANDARD, 29.10.2013)