Zehntausende Österreicher sind spielsüchtig.

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Wien - Fast 5000 Glücksspielsüchtige hat die Spielsuchthilfe zwischen 2000 und 2012 beraten. 566 waren es im vergangenen Jahr - fast dreimal so viel als noch bei der Gründung der Behandlungseinrichtung vor 30 Jahren. Dabei hat sich die Scheu, sich selbst diese Sucht einzugestehen, noch nicht gelegt, sagt Peter Berger, Präsident und ärztlicher Leiter der Spielsuchthilfe. Er schätzt, dass nur etwa zwei bis zehn Prozent der Spielsüchtigen Unterstützung suchen. Alleine in Wien sei laut Berger von zumindest 11.000 pathologischen und problematischen Spielern auszugehen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2011 gelten 64.000 Menschen in Österreich als spielsüchtig - eine Zahl, die einige Experten bereits als zu niedrig einstufen.

Die durchschnittliche Verschuldung der Spieler, die sich bei der Spielsuchthilfe gemeldet haben, beträgt fast 36.000 Euro. Das durchschnittliche monatliche Netto-Einkommen der untersuchten Spieler macht etwa 1400 Euro aus. "Damit entspricht die Durchschnittsverschuldung der Spieler 25 Monatseinkommen", sagt Berger. Die Spieler, die zur Schuldnerberatung weitervermittelt werden, stehen mit durchschnittlich 54.000 Euro in der Kreide. Zum Vergleich: Die Schulden eines österreichischen Privathaushaltes betragen derzeit im Schnitt etwa 46.000 Euro.

Junges Einstiegsalter

Berger legt Wert darauf, dass die Höhe der Spielschulden kein Kriterium für die Spielsucht ist, sondern das Faktum, dass trotz weitreichender Folgen weitergespielt wird. Ein geringes monatliches Einkommen verschärft das finanzielle Drama. Neben Schulden haben die Spielsüchtigen vor allem den Verlust der Beziehung, eine Persönlichkeitsveränderung und den Verlust des Arbeitsplatzes als Folge angegeben.

Das Einstiegsalter der Spielsüchtigen ist zu mehr als einem Drittel unter 18 Jahre. Von denen, die sich erstmals an die Spielsuchthilfe gewendet haben, waren 84 Prozent Männer. Sieben von zehn Spielsüchtigen haben eine Lehre oder die Pflichtschule als höchste Ausbildung abgeschlossen. Vor allem für diese Gruppe dürfte das Abstottern von Spielschulden eine Herausforderung darstellen.

Goldgrube Glücksspiel

Für einige Unternehmen ist das Glücksspiel hingegen eine Goldgrube: Seit 2002 haben sich die Spiel- und Wetteinsätze in Österreich auf 14,06 Milliarden Euro verdreifacht - auch für den Staat sind die Steuereinnahmen nicht zu verachten. Nur die Finanzkrise dürfte ein noch größeres Wachstum verhindert haben. Das Glücksspiel im Internet hat in den vergangenen Jahren immens zugenommen. Ein Viertel der Spielsüchtigen gibt laut Berger bereits an, online zu zocken.

Berger fordert bessere Jugendschutz-Kontrollen und eine anbieterübergreifende Spielerkarte, um das Spielsucht-Problem präventiv in den Griff zu bekommen. Bei Online-Wetten sei die Kontrolle vielfach schwieriger. Ein Teil der Glücksspieleinnahmen sollte für die Behandlung Spielsüchtiger zweckgewidmet werden. "Dem Sport muss ja nichts weggenommen werden", sagt Berger. 80 Millionen kommen via Österreichischer Lotterien dem Sport zugute. (David Krutzler, DER STANDARD, 29.10.2013)