Hat der ORF also einmal seine Scheu vor anspruchsvoller Serienware aus den USA überwunden und traut sich über "House of Cards", jenes fulminante Politdrama mit Kevin Spacey als brachialintrigantem Königsmörder und Robin Wright als Poiltikergattin mit unbeugsamem Willen zur First Lady: Ab 10. November sendet der Gebührenfunk zeitgleich mit dem privaten Sat.1 die erste Staffel. Brav.

Grundsätzlich. Aber. Sonntags, 23 Uhr? Denkt hier jemand? Sonntagspätabend, da ist die freizeitbedürftige Gesellschaft bestenfalls bereit fürs Sandmännchen, weil am Montag wieder der Wecker zum Tagwerk ruft. Programmmachern ist bewusst, dass um Zeit kein Mensch schaut. Wiederholungen von "CSI" und "Monk stehen noch am Programm.

Stellt sich die Frage: Wozu? Wozu kauft ein Sender Rechte zu einer der besten Serien und schmeißt sie dann auf den televisionären Müllhaufen? Fernsehjunkies haben die Serie ohnehin längst gesehen, und anderen, so lautet offenbar die Überzeugung, mag man ein solches Niveau nicht zumuten.

Foto: Sony Pictures Television

Dass ein Publikum fähig ist, Serienkompetenz zu erwerben, zeigen Beispiele vom Nachbarn. Arte und das zweite Schweizer Fernsehen wagen diesen Schritt immer wieder: Drei Tage vor der ORF-Premiere von "House of Cards" schickt Arte Jane Campions großartiges Vermisstendrama "Top of the Lake" (hier im Bild) in epischer Länge ins Rennen. Im Hauptabend, so wie es gehört. (Doris Priesching, DER STANDARD, 30.10.2013)

Foto: See-Saw Films/arte