Umspannwerk des Verbund bei Wien: Österreichs größter Stromproduzent kämpft insbesondere bei Gaskraftwerken mit Kosten, die sich wegen niedriger Stromgroßhandelspreise nicht verdienen lassen.

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Wien - Außer Spesen nichts gewesen. Das um 550 Millionen Euro errichtete und mit Verzögerung 2012 in Betrieb gegangene Gas-Kombikraftwerk Mellach im Süden von Graz war für den Verbund bisher ein teurer Spaß. Der Großteil der Summe musste abgeschrieben werden, das weitere Schicksal soll sich in den nächsten Wochen entscheiden. Am wahrscheinlichsten ist die Einmottung des Kraftwerks, das wegen teuren Gasbezugs und niedriger Großhandelspreise für Strom wirtschaftlich unter Wasser ist.

Einmotten und auf bessere Zeiten hoffen wäre allemal besser als der Status quo. Denn auch ein Stillstand kostet - inklusive Abschreibungen rund 40 Mio. Euro pro Jahr, wie Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber vorrechnete.

Kostensenkungsprogramm

Weil Mellach aber nur eines von mehreren Problemen im thermischen Bereich des Energieversorgers ist, die ihre Wurzeln in der Ära des früheren Generaldirektors Hans Haider haben, beginnt man im Verbund nun mit der Umsetzung des angekündigten Kostensenkungsprogramms. Frühpensionierungen schließt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage des Standard aus; man wolle "Altersteilzeitmodelle im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nutzen". Über die Zahl der betroffenen Personen schweigt man sich aus. Natürliche Abgänge werden nicht nachbesetzt, der verhängte Aufnahmestopp sei Teil des Sparprogramms. Nur Lehrlinge seien davon ausgenommen.

Um mögliche Engpässe zu vermeiden, wurde ein interner Jobmarkt geschaffen, wo sich Mitarbeiter "freiwillig", wie man betont, umschulen und höher qualifizieren lassen könnten. "Wir wollen die Mitarbeiter auch in diesen schwierigen Zeiten behalten und, wenn die Rahmenbedingungen passen, auch in Altersteilzeit gehen", sagte die Sprecherin.

Ingeborg Oberreiner, Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, spricht von einer "sozial verträglichen Möglichkeit, die das Arbeitsgesetz zulässt".

Schwierige Umsetzung

Die Altersteilzeit ist in Österreich seit heuer neu geregelt. Das Zugangsalter beträgt für Frauen 53 und für Männer 58 Jahre. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin in den letzten 25 Jahren mindestens 15 Jahre arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Wer einwilligt, kann die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent verringern und erhält mit einem Zuschuss des Arbeitsmarktservice 70 bis 80 Prozent des bisherigen Einkommens.

Insider gehen aber davon aus, dass sich die Verbund-Führung schwertun wird, das Kostensenkungsprogramm durchzuziehen. Kumuliert sollen bis 2015 rund 130 Millionen Euro eingespart werden. Teil der Maßnahmen ist auch eine Straffung der Organisationsstruktur. So könnten kleinere Tochtergesellschaften aufgelöst und in andere Unternehmensteile eingegliedert werden. Damit ließen sich auch Posten im mittleren Management einsparen. "Es gibt viele Möglichkeiten, sich von Mitarbeitern zu trennen; der Verbund wäre nicht der erste Konzern, der das macht", meint ein Insider. "Man nimmt dem Mitarbeiter Kompetenzen weg, stellt ihn in ein Eck. Oft geht er dann von selbst."

Bis Ende September ist der Betriebsgewinn (Ebit) des Verbund um mehr als 80 Prozent auf 113,4 Mio. Euro eingebrochen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) verbesserte sich hingegen um 16,9 Prozent auf 1,094 Mrd. Euro. Vorweggenommen hat der Verbund eine für ihn positive Entscheidung in Sachen Kartellrechtsklage gegen den Gaslieferanten Econgas; knapp 45 Mio. Euro hat das Unternehmen aus diesem Titel aktiviert, obwohl die Entscheidung noch aussteht.

Leicht angehoben hat der teilstaatliche Konzern seine Gesamtjahresprognose. Das Ebitda sollte sich demnach bei "rund 1,25 Mrd. Euro" einstellen, das Konzernergebnis wird bei rund 600 (Vorjahr: 389) Mio. Euro erwartet. Am Aktienmarkt wurden die Quartalszahlen gut aufgenommen: Das Verbund-Papier lag mit mehr als einem Prozent im Plus. (Günther Strobl, DER STANDARD, 30.10.2013)