Das E-Substitut: Sieht zwar aus wie eine Zigarette, schmeckt aber nicht so.

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Eine, meine E-Zigarette
Von Regina Walter

Meine neueste Errungenschaft und ganzer Stolz: Eine, meine E-Zigarette: Sieht aus wie eine Zigarette, glüht wie eine Zigarette, und das Beste daran: der Filter wird beim Ansaugen warm, beim Ausatmen kommt - ja wirklich - Rauch aus meinem Mund.

Okay, schmeckt zwar nicht nach Zigarette, auch wenn ich die Geschmacksrichtung "Smoke" gewählt habe. Kein Nikotin und keine Rauchinhaltsstoffe, dafür Propylene Glxcol-Clycerin, Beta Damascone, 2-Acethyl Pyridine, 2,3-Dimethyl Pyrazine. Keine Ahnung was ich mir da in meine Lungen ziehe, aber ich bin guter Hoffnung, dass mich diese Alternative gesund und glücklich macht. Ich nuckle daran und das Ding, das doch merklich schwerer ist als eine richtige Zigarette, fällt mir, weil noch ungeübt, permanent aus dem Mund.

Ich bin Raucherin und ich verachte mich dafür. Und das seit Jahren. Dabei und damit prahle ich heute noch regelmäßig: 12 Jahre lang war ich Nichtraucherin. Oder nein, die Wahrheit ist: ich habe nicht geraucht, Raucherin war ich trotzdem. Einmal Raucher, immer Raucher - das trifft auf mich 100-prozentig zu. Mit 29 die letzte geraucht - ich wollte aufhören bevor ich 30 bin - das hab ich durchgezogen. Herr Carr mit seinem sagenhaften Gehirnwäschebuch "Endlich Nichtraucher" hat mir das Unmögliche möglich gemacht.

12 Jahre ohne Zigaretten, aber leidenschaftliche Passivraucherin. Raucherlokale - ich habe sie geliebt, der Geruch einfach herrlich. Einen Raucher küssen - was für ein Geschmackserlebnis. Militante Exraucher sind mir genauso wie Nichtraucherzonen ein bleibendes Gräuel.

Dann klassisch: Trauma - Peng - erste Zigarette. Das war vor fünf Jahren.

Zuletzt bringt mir eine Kollegin ob meines furchtbaren Hustens Zuckerl an den Schreibtisch. Tja, von wegen Verkühlung. Was hat sie auch um die Zeit schon im Büro verloren. Normalerweise grummel ich zwischen 7 und 10 in unseren Hallen alleine herum. Arbeite hustend - 20 Minuten in dem schrecklichen Bewusstsein: Ich bekomme Lungenkrebs, und wenn nicht, dann zumindest eine COPD. 20 Minuten voller Selbstvorwürfe, mit dem immer gleichen Ende.

Naja, so schlimm ist das doch gar nicht und warum sollte es denn auch gerade mich treffen. Die Durchblutung in meinen Beinen stimmt noch und das letzte Lungenröntgen vor einem Jahr war ebenfalls einwandfrei.

Das Murmeltier, es grüßt mich täglich - seit fünf Jahren drehe ich mich in einer Endlosschleife. Und dann plötzlich war er da, mein Kollege, ein Herzensmensch, ein Hypochonder wie ich, ein bedauernswerter Raucher, weil unglücklich süchtig und zu schwach, um diesem Albtraum ein Ende zu setzen. Seine Lunge rasselt genauso bedrohlich wie meine, oder vielleicht sogar noch mehr?

Wir sind uns schnell einig, gemeinsam ziehen wir das durch. Gemeinsam sind wir stark, die letzte Zigarette, nur noch eine Frage der Zeit. Die letzte Zigarette - muss es denn wirklich die letzte sein? Es gibt ihn doch den Raucher, der mit zwei oder drei Zigaretten täglich das Auslangen findet - der Genussraucher, frei von jeglicher Sucht.

Die endgültige und absolute Abstinenz ist doch auch für Alkoholiker heute nicht mehr das therapeutische Ziel. Rückfälle sind erlaubt, Versagen kein Problem. Nein ich fühle mich nicht schlecht. Meine E-Zigarette ist wunderbar - aber jetzt rauch ich mal eine richtige Zigarette - wunderbar. Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich schaff das - morgen oder vielleicht schon übermorgen.

Am liebsten einfach verlassen werden
Von Günther Brandstetter

Ich rauche gut und gerne - seit 30 Jahren. Rund 11.000 Tage, an denen ich mein Beuschel zumindest einmal im 24-Stunden-Takt mit Teer und knapp 5.000 weiteren inhalierbaren Substanzen und chemischen Verbindungen traktiert habe. Etwa 90 davon sind nachweislich krebserregend.

Genau genommen könnte ich auf die meisten Zigaretten verzichten. - Jene, die zwar den Tag strukturieren, Pausen markieren, Wartezeiten verkürzen, doch weitgehend genussfrei sind. Was übrig bleibt, ist ein handvoller Rest nach dem Essen, zu Kaffee oder Bier. Diese drei, vier oder fünf Tschick sind es, die mich weiterhin zu einem wahrhaftig glühenden Verfechter des blauen Dunstes machen - die den Blick vernebeln und selbst ein imaginiertes Nichtraucherleben unmöglich erscheinen lassen.

Trotzdem, vor wenigen Monaten hat es angefangen. Das Rauchen begann lästig zu werden - wie eine Geliebte, die nur mehr oberflächlich das Feuer zu entfachen vermag, und von der ich mir wünsche, dass sie mich einfach aufgibt und verlässt. Doch Trennungen sind nicht leicht - wie selbst Menschen, die noch nie am Busen der Nikotinsucht genuckelt haben, wissen müssten.

Aber da ist sie, die Kollegin oder vielmehr Freundin, die ebenfalls ihre krankmachende Beziehung beenden will. - Voller Tatendrang, mit ihrem neuen, elektrisierenden Liebhaber, den sie nach einem kurzen, heftigen Intermezzo nun doch nicht so berauschend findet und so schnell wie möglich wieder abservieren will.

Hier ist guter Rat teuer - und den werde ich zuerst zwischen zwei Buchdeckeln suchen. (derStandard.at, 7.11.2013)