In einer Studie mit mehr als 5.000 Teilnehmern fanden deutsche Forscher eine Methode, Lungenkrebs spezifischer zu klassifizieren.

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Köln - Eine Studie mit circa 5.000 Lungenkrebspatienten führt zu einer neuen, genomisch basierten Klassifikation von Lungenkrebs und ermöglicht eine Vorhersage präziserer und effektiverer Therapien. Das Überleben der Patienten, die auf Basis von Genuntersuchungen eine personalisierte Therapie erhalten, kann deutlich gesteigert werden. Diese Ergebnisse präsentierten Kölner Wissenschaftler auf dem weltgrößten Lungenkrebskongress im australischen Sydney.

Neue Klassifikation

In der größten Studie ihrer Art untersuchten die Forscher in den Jahren 2010 bis 2013 das Gewebe von etwa 5.000 Lungenkrebspatienten aus Nordrhein-Westfalen. Mit Hilfe der gefundenen Genveränderungen konnten sie eine Zuordnung zu den Subtypen kleinzelliger beziehungsweise nicht-kleinzelliger Lungenkrebs oder weiteren Unterarten durchführen.

Dabei kamen sie zu zwei weiteren Ergebnissen: Der "großzellige Lungenkrebs" – er gilt bislang als Variante des "nichtkleinzelligen Lungenkrebses" (non small cell lung cancer, NSCLC) und macht circa 10 bis 15 Prozent aller Lungenkrebsdiagnosen aus – kann durch sorgfältige Gentypisierung fast immer den anderen histologischen Untergruppen zugeordnet werden.

"Diese Erkenntnis könnte die Diagnose 'großzelliger Lungenkrebs' auf Dauer überflüssig machen und damit die Klassifizierungssystematik der Erkrankung verändern", sagt Studienleiter Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Pathologie der Uniklinik Köln und einer der drei Leiter der Studie.

Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass die Patienten, die auf Basis der genetischen Diagnose eine personalisierte Therapie erhalten haben, davon erheblich profitierten: In einer genetisch definierten Untergruppe lebten die Patienten im Mittel um bis zu zwei Jahre länger als unter klassischer Chemotherapie.

"Exakte Diagnose entscheidend"

Lungenkrebs ist die dritthäufigste Krebsart, aber unverändert die häufigste Krebstodesursache. Die Diagnose wird heute auf Grundlage einer mikroskopischen Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Lunge erstellt. Diese entscheidet im Weiteren auch über die Zuordnung zum kleinzelligen oder nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom mit entsprechenden Therapievarianten.

"Durch die sehr umfangreiche Identifizierung und Zuordnung genetischer Veränderungen zu den verschiedenen Lungenkrebs-Arten haben wir diagnostische Sicherheit gewonnen. Bei einer so lebensbedrohlichen Erkrankung wie Lungenkrebs ist eine exakte Diagnose von Anfang an für die richtige Therapie entscheidend", sagt Büttner.

Hoffnung auf neue Therapien

Bislang konnten für fast 50 Prozent der Lungenkrebspatienten potentielle therapeutisch relevante Genveränderungen identifiziert werden. "Das bedeutet, dass schon heute für die Hälfte der Lungenkrebspatienten Hoffnung auf neue Therapieangebote besteht", sagt Onkologe Jürgen Wolf.

Für zwei genetische Veränderungen – die EGFR-Mutation und die ALK-Translokation – gibt es bereits zugelassene medikamentöse Therapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren: Die Studie konnte für Patienten mit EGFR-Mutationen ein circa 24 Monate längeres Überleben mit dem personalisierten Therapieverfahren nachweisen, für ALK waren es circa 15 Monate.

"Daraus leitet sich für uns ab, die molekulare Diagnostik künftig bei der Diagnosesicherung unbedingt zu berücksichtigen. Da wir auch bei anderen Tumor-Erkrankungen ähnliche Erkenntnisse gewonnen haben, werden wir die genetischen Untersuchungen schon bald auf alle Krebspatienten ausweiten", sagt Wolf. (red, derStandard.at, 31.10.2013)