Edward Snowden und Hans-Christian Ströbele

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Monatelang war Edward Snowden untergetaucht - jetzt meldet er sich mit einem Paukenschlag zurück. Drei Stunden lang traf der deutsche Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele den 30-jährigen US-"Staatsfeind Nummer eins" - unter größter Geheimhaltung an unbekanntem Ort in Moskau. Bei dem gemeinsam mit zwei deutschen Journalisten geführten Gespräch ging es vor allem um eines: Ist eine Aussage des früheren Mitarbeiters des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Deutschland möglich?

Entspannt

Es gibt Gebäck, Salat und Wasser: Die Filmaufnahmen des NDR-Magazins "Panorama" zeigen Snowden entspannt und gut gelaunt bei seinem Gespräch mit Ströbele, dem "Panorama"-Journalisten John Goetz und dem früheren "Spiegel"-Chefredakteur Georg Mascolo. Snowden trägt Drei-Tage-Bart, schwarzes Jacket, schwarze Hose, dazu ein offenes blaues Hemd.

Das Gespräch war, so berichtet es das Fernsehmagazin, in aller Stille eingefädelt worden. Er wolle "Herrn Snowden sprechen, weil er viele Fragen klären kann, was die NSA mit Deutschland, mit der deutschen Bevölkerung, mit der Kanzlerin, möglicherweise mit der Bundesregierung und auch Abgeordneten gemacht hat. Mit ihren Kommunikationsdaten zum Beispiel", sagt Ströbele vor dem Treffen.

Snowden habe "klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß"

Die Zusammenkunft sei von russischer Seite organisiert worden, ein silberner Van habe den Politiker und die Reporter vom Hotel abgeholt und zu einem unbekannten Ort gefahren, heißt es in dem Bericht.

Im Anschluss an das Treffen gibt sich Ströbele, der Geheimdienst-Experte der Grünen, zufrieden. Snowden habe "klar zu erkennen gegeben, dass er sehr viel weiß. Dass er, solange die NSA die Aufklärung blockiert (...), bereit ist, nach Deutschland zu kommen, auch dort auszusagen".

Allerdings müssten die Umstände noch geklärt werden. Snowden habe seine Bereitschaft sogar schriftlich fixiert, heißt es. Es ist zu sehen, wie der Amerikaner ein Schriftstück unterzeichnet - Ströbele hat angekündigt, er werde an diesem Freitag einen Brief Snowdens an die Bundesregierung und die deutsche Justiz öffentlich machen.

Einfach dürfte eine Aussage Snowdens vor einem deutschen Untersuchungsausschuss nicht werden. Die USA suchen den Mann per Haftbefehl und werfen ihm Landesverrat vor. Seit 23. Juni hält er sich auf russischem Boden auf, Moskau hat ihm fürs Erste politisches Asyl gewährt und lehnt seine von den USA geforderte Auslieferung strikt ab.

Sollte Snowden nach Berlin kommen, muss er die Amerikaner fürchten: Die US-Regierung hat laut dem deutschen Justizministerium schon vorsorglich ein Auslieferungsersuchen nach Deutschland übersandt. Möglich wäre aber auch eine Befragung Snowdens durch deutsche Parlamentarier in Moskau.

Verrat

Für die US-Regierung ist der eher schüchtern wirkende junge Mann der derzeit meistgesuchte Verräter. Seit Monaten sorgen die von ihm kopierten und von Journalisten veröffentlichten Berichte über die offensichtlich ungebremste Schnüffelwut der NSA für Aufregung. Details über abgehörte Handys wie das der deutschen Kanzlerin Angela Merkel oder Spähangriffe gegen 35 Top-Politiker weltweit haben selbst enge Partner der USA schwer verärgert.

Snowden gehe es gut, meint Mascolo nach der Begegnung. Er wirke freundlich, entspannt. "Den Druck, unter dem er stehen muss, hab' ich ihm jedenfalls nicht angemerkt", sagte der Journalist NDR Info.

Snowden beobachte mit Genugtuung, "dass vieles von den Unterlagen, die er öffentlich gemacht hat oder hat öffentlich werden lassen, heute dazu führt, dass es eine weltweite Diskussion über die Abhörpraktiken vor allem der NSA und des britischen Geheimdienstes gibt".

"Und ich hab' sehr wohl den Eindruck, dass Deutschland ein Land wäre, das ihm schon gefallen würde."

Offen habe Snowden gelassen, wie es persönlich mit ihm weitergeht. Nach Einschätzung Mascolos könnte sich Snowden vorstellen, eines Tages nach Deutschland zu kommen.

"Wir dürfen ja nicht vergessen: Das ist ein Mensch von 30 Jahren, der am Anfang seines Lebens steht und sich jetzt mit der Frage beschäftigen muss, wo kann ich irgendwann mal dauerhaft bleiben", sagt der Journalist. "Und ich hab' sehr wohl den Eindruck, dass Deutschland ein Land wäre, das ihm schon gefallen würde." (APA, 1.11. 2013)