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Tausende Bretonen protestierten gegen Paris.

Foto: Reuters/Mahe

Brest/Paris - Eine Großkundgebung gegen Massenentlassungen und eine mittlerweile auf Eis gelegte Öko-Steuer hat am Samstag nach Angaben der Veranstalter im nordwestfranzösischen Quimper mehr als 30.000 Menschen mobilisiert. Die Behörden sprachen von mindestens 15.000 Teilnehmern. Dabei kam es am Nachmittag zu Ausschreitungen. In der Nähe der abgesperrten Präfektur warfen Protestierende mit Steinen und Blumentöpfen, Holzpaletten wurden in Brand gesteckt. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Fünf Personen seien verletzt worden, und drei Demonstranten seien festgenommen worden, bestätigte die Präfektur am Samstagabend.

Es ist die zweite Kundgebung in der Bretagne innerhalb von zwei Wochen, die auch als Zeichen der Unzufriedenheit mit der Regierung des sozialistischen Präsidenten Francois Hollande zu verstehen ist. Dabei habe die Öko-Maut für Lastwagen "das Fass zum Überlaufen gebracht", sagte ein Gewerkschaftssprecher. In der vergangenen Woche war ein Mensch bei Protesten gegen die neue Steuer schwer verletzt worden. Die sozialistische Regierung hatte die Steuer, die eigentlich zum 1. Jänner in Kraft treten sollte, daraufhin auf Eis gelegt.

"Der Franzose ist keine Milchkuh"

In der Nähe von Quimper setzten Demonstranten am Samstag auf einer Maut-Brücke Reifen in Brand. Als Zeichen des Widerstands trugen viele Menschen rote Mützen, Symbol der Opposition der Bretonen gegen Steuereintreibungen unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. "Recht auf Arbeit", "Stopp die Steuern" und "Der Franzose ist keine Milchkuh" stand auf Plakaten zu lesen. Hunderte Polizisten waren im Einsatz, um Krawalle einzudämmen.

Wegen zahlreicher zusätzlicher Steuererhöhungen ist bei vielen Franzosen die Schmerzgrenze überschritten. Hinzu kommt ein tiefes Misstrauen gegenüber der Regierung. Seit Monaten häufen sich in der Region zudem die Entlassungen, bei Geflügelproduzenten, Schweine-Schlachtbetrieben oder in der Elektronikindustrie. Nach Angaben des Bürgermeisters von Carhaix Christian Troadec, der die Proteste federführend organisierte, hat die Bretagne in der Industrie und der Nahrungsmittelindustrie im letzten Jahr etwa 8.000 Arbeitsplätze verloren.

Ayrault lädt zu Gespräch

Zum Protest aufgerufen haben Berufsgenossenschaften, Gewerkschafts- und Landwirtschaftsorganisationen aufgerufen. Manche von ihnen zogen den Aufruf jedoch wieder zurück, nachdem bekannt wurde, dass die Öko-Steuer vorerst auf Eis liegt. Und auch jene, die weiterhin eine völlige Rücknahme der Steuerpläne fordern, gaben sich am Sonntag kompromissbereit. Man werde die Einladung von Premierminister Jean-Marc Ayrault annehmen und am Mittwoch an einem Treffen in Paris teilnehmen, um einen "Zukunftspakt für die Bretagne" auszuarbeiten, erklärte Troadec. Ayrault hatte bereits im Vorfeld der Proteste vom Samstag zur Ruhe und zum Gespräch aufgerufen. (APA, 3.11.2013)