Das neue Schubhaftzentrum in Vordernberg für 200 Insassen ist fast fertig. Nach einem Probedurchlauf im Dezember soll es Anfang 2014 in Betrieb gehen.

Foto: Erwin Scheriau

Weiße Fassaden, große Fenster aus hellem Holz und dunklem Glas. In dem neuen, nicht unfreundlich wirkenden, aber von drahtbewehrten Zäunen umgebenen Schubhaftzentrum Vordernberg werden ab 2014 Polizisten und Securitymitarbeiter gemeinsam für Recht, Ordnung und Gefangenenbetreuung sorgen. Doch zu welchen Bedingungen, das ist ein Geheimnis - von Beteuerungen abgesehen, dass die hoheitlichen Aufgaben in Händen der Polizei bleiben. Die zwischen Innenministerium und Gemeinde Vordernberg sowie zwischen Gemeinde und der Sicherheitsfirma G4S abgeschlossenen Verträge bleiben vertraulich, bei Anfragen wird von einem zum anderen verwiesen.

"In den Verträgen sind Gebäudepläne enthalten. Das ist sicherheitsrelevant", sagt Vordernbergs Bürgermeister Walter Hubner (SP). Für Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun, die sich seit Wochen vergeblich um die Veröffentlichung der Vereinbarungen bemüht, ist das keine ausreichende Begründung. Hier sei "ein beschämendes Pingpongspiel" im Gang, sagt sie. In einer dem STANDARD vorliegenden parlamentarischen Anfrage geht Korun daher ins Detail: Neben den Gründen für die Geheimhaltung will sie etwa auch wissen, ob die Auftragsvergabe an Private im Voraus verfassungsrechtlich geprüft worden ist, sowie, wo sich Schubhäftlinge nach Zwischenfällen künftig schadlos halten können. Laut Ausschreibungsunterlagen soll G4S hierfür eine Haftpflichtversicherung über 30 Millionen Euro pro Schadensfall abschließen.

Boomende Branche

Das steirische Schubhaftzentrum ist ein Experiment. Es ist das erste in Österreich, in dem ein privater Sicherheitsdienstleister als Mitbetreiber im Boot sitzt. Diese Teilprivatisierung am Rande des Gewaltmonopols war nur eine Frage der Zeit. Vor zwanzig Jahren wurde das Kuratorium Sicheres Österreich gegründet, das auf höchster Ebene die Zusammenarbeit von staatlichen und privaten Sheriffs fördert. Die Sicherheitsbranche ist in den vergangenen Jahren gewachsen wie keine andere: 1999 arbeiteten 5500 Personen für etwa 50 private Sicherheitsfirmen in Österreich, heute sind es mehr als 200 Firmen mit 15.000 Mitarbeitern. Platzhirsche sind G4S, Securitas und der Österreichische Wachdienst.

Europaweit arbeiten und jobben laut Dachverband der europäischen Sicherheitsdienstleister etwa 1,6 Millionen Menschen in der Branche - in Bulgarien, Tschechien, Finnland, Ungarn, Irland, Luxemburg, Polen, Rumänien und Slowenien schon mehr als bei der Polizei. Spitzenreiter ist Ungarn, wo auf 10.000 Einwohner 105 private Sicherheitsleute, aber nur 40 Polizeibeamte kommen. Neben Parkraumüberwachung, Alarmanlagenzentralen, Zugangskontrollen auf Flughäfen- und bei Gerichten, Wachdiensten vor Geschäften, bei Großevents und bei Massentests an Unis gibt es auch weniger bekannte Dienstleistungen. Eine Subfirma von G4S etwa managt die Digitalisierung von Dokumenten mit Patientendaten in 25 Krankenhäusern.

Image eines Billiglohngewerbes

Aus Kostengründen greifen auch Bundestheater und Museen auf private Securitys zurück. Zu Bedingungen, die, wie ein Burgtheater-Billeteur ans Licht brachte, das Image des Billiglohngewerbes nähren. In Österreich sind kollektivvertraglich knapp acht Euro brutto pro Stunde vorgesehen.

Auf der anderen Seite steigt auch das Ausbildungsangebot im Managementbereich. Die Donauuni Krems etwa betreibt das Zentrum für infrastrukturelle Sicherheit. Absolventen könnten für das Schubhaftzentrum Vordernberg freilich überqualifiziert sein. (Irene Brickner & Michael Simoner, DER STANDARD, 4.11.2013)