In der Causa Objekt 21 wurden am Montag die Urteile nach dem Verbotsgesetz gefällt.

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Strenge Sicherheitskontrollen gab es beim Landesgericht Wels.

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Vermummt betreten die Angeklagten den Gerichtssaal.

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Im Wiederbetätigungsprozess um das "Objekt 21" sind in der Nacht auf Dienstag im Landesgericht Wels alle sieben Angeklagten schuldig gesprochen worden. Sie wurden zu Haftstrafen zwischen 18 Monaten bedingt und sechs Jahren verurteilt. Kein Urteil ist rechtskräftig. Die Männer wurden für schuldig befunden, in einem Bauernhof nahe Attnang-Puchheim, dem sogenannten Objekt 21, nationalsozialistische Ideologie verherrlicht zu haben.

Generalpräventive Wirkung

Die Vorsitzende begründete die Strafen mit einer generalpräventiven Wirkung, die nach außen gehen solle. Milderungsgründe sah das Gericht kaum, Einsicht oder Umkehr seien "eher nicht" zu erwarten. Die Angeklagten nahmen die Urteile gefasst auf. Die beiden Hauptangeklagten erhielten Haftstrafen von vier und sechs Jahren. Ihre Verteidiger kündigten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Der als "IT-Experte" des Vereins angeklagte Oberösterreicher wurde zu 30 Monaten, davon zehn unbedingt, verurteilt, der Drittangeklagte ebenfalls zu 30 Monaten, davon zehn unbedingt.

Zwei bedingte Haftstrafen

Vier Angeklagte wurden nur zum Teil im Sinne der Anklage verurteilt: Teils sahen die Geschworenen zwar eine Schuld im Sinne des Verbotsgesetzes, teils sahen sie nur die Schuld der Unterlassung der Verhinderung einer strafbaren Handlung gegeben. Dies führte beim Viertangeklagten zu 24 Monaten, davon acht Monaten unbedingter Haft, beim Fünft- und beim Siebtangeklagten hingegen nur zu bedingten Haftstrafen, und zwar von einmal 18 Monaten bedingt und einmal 20 Monaten bedingt auf zwei Jahre Probezeit.

Die Verteidiger des Dritt-, Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebtangeklagten erbaten sich Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab ebenfalls keine Stellungnahme ab. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig.

Dem Erstangeklagten Jürgen W., dem Zweitangeklagten Manuel S. und den weiteren fünf Angeklagten wird angelastet, ihren gleichnamigen Verein "Objekt 21" nur zum Schein gegründet zu haben, um am Vereinssitz der NS-Ideologie zu huldigen. Sie hätten nationalsozialistische Symbole öffentlich gemacht, rechtsradikale Musik verbreitet und seien außerdem auf öffentlichen Veranstaltungen mit einschlägigen Tätowierungen, Armbinden und Gesten (Hitlergruß) aufgetreten, so die Anklage. Erst- und Zweitangeklagter hätten zudem trotz eines aufrechten Waffenverbots Waffen besessen.

Da Liveberichte aus dem Verhandlungssaal in diesem Verfahren verboten wurden, berichtete derStandard.at durch regelmäßige Updates.

Die Urteile, 00:02 Uhr: Alle sieben Angeklagte werden schuldig gesprochen. Sie werden zu Haftstrafen zwischen 18 Monaten bedingter Haft und sechs Jahren unbedingter Haft verurteilt. Kein Urteil ist rechtskräftig.

Zwanzigster Eintrag, 17.08 Uhr: Derzeit Beratung der Geschworenen – von ungewisser Dauer und mit ungewissem Ausgang.

Neunzehnter Eintrag, 17.05 Uhr: Die Angeklagten machen von ihrem Recht, das letzte Wort zu haben, keinen Gebrauch – alle schließen sich den Worten ihrer Verteidiger an. Nur Zweitangeklagter Manuel S. sagt: "Ich erwarte ein faires Urteil."

Achtzehnter Eintrag, 16.55 Uhr: "Mein Mandant war ein einfaches Mitglied – er war nicht im Vorstand des Vereins, war kein Verantwortlicher" – so beginnt der Verteidiger des Sechstangeklagten Christoph G., der in der Anklage als IT-Experte des neonazistischen Netzwerks um Objekt 21 geführt wird, sein Plädoyer. Der Sechstangeklagte sei "ein Außenseiter" gewesen, kommuniziert habe er stets nur mit seinem Computer – bis er über seine damalige Freundin den Erstangeklagten und dadurch auch das Objekt 21 kennengelernt habe, so der Anwalt. "Er war technisch geschickt und ist dort verwendet worden dafür, dass er gewisse Dinge erledigt hat, die er gut konnte."

Zur Erinnerung: Der Sechstangeklagte soll für die Installierung der Videoüberwachung, für die Gestaltung der Vereinswebseite und die Betreuung der Facebookseite zuständig gewesen sein, außerdem wirft ihm die Anklage vor, Rechtsrock verbreitet zu haben – als Beweismittel gilt die bei einer Hausdurchsuchung gefundene Festplatte. Die Vorwürfe seien unrichtig, sagt der Verteidiger: Schließlich habe der Sechstangeklagte kurz nach der Hausdurchsuchung die Polizei kontaktiert und darauf bestanden, seine Festplatte wiederzubekommen. G. werde wohl nicht so dumm sein und sich zu einer Festplatte bekennen, "wenn er auch nur irgendein schlechtes Gewissen hat", so der Verteidiger. Vielmehr sei die Festplatte im Gebäude öffentlich zugänglich gewesen, er sei durchaus realistisch, dass jemand anderes die auf dem Datenträger gefundenen Rechtsrock-Lieder abgespeichert habe. "Mein Mandant hatte keine rechte Gesinnung und hat sie auch heute nicht", so der Anwalt, er habe im Gebäude nur "sehr viel Alkohol konsumiert". Auch auf den Videos sei zu sehen, "dass da dermaßen viel Alkohol im Spiel war – die haben wirklich ununterbrochen gesoffen, ich weiß nicht, wie sie jemals in der Lage gewesen wären, die österreichische Rechtsordnung zu untergraben".

Siebzehnter Eintrag, 16.30 Uhr: Die Verteidigerin des Fünftangeklagten, der im Vereinsregister als Kassier von Objekt 21 eingetragen ist, plädiert ebenfalls auf Freispruch: Ihr Mandant habe "nichtsahnend seinen Namen für die Vereinseintragung zur Verfügung gestellt, weil man einen Namen gebraucht hat – das war das Einzige, was er gemacht hat". Alle Zeugenaussagen hätten bestätigt, "dass es im Objekt 21 gar keinen Kassier gegeben hat", diese Position habe nur nominell existiert. Ihr Mandant habe wegen familiärer Probleme "außerhalb der Familie Anschluss gesucht und im Objekt 21 gefunden" – man habe sich dort "zum Feiern getroffen", sonst nichts. "Mein Mandant hat keinerlei rechte Gesinnung – er hat viele ausländische Kollegen, ist mit ihnen im besten Einvernehmen." Zudem hätten Zeugen, die ebenfalls das Objekt 21 frequentiert hatten, ausgesagt, "dass ihnen mein Mandant nie aufgefallen ist".

Sechzehnter Eintrag, 16.22 Uhr: Der Verteidiger des Dritt-, Viert- und Siebtangeklagten verweist in seinem Plädoyer immer wieder auf den exzessiven Alkoholkonsum der Angeklagten: Wiederbetätigung verlange laut Judikatur den Vorsatz, "die im Frühjahr 1945 geschaffene staatliche Ordnung zu untergraben". Das sei angesichts der zumeist fortgeschrittenen Trunkenheit der Angeklagten aber gar nicht möglich: "Sie sehen den Drittangeklagten mit Hakenkreuz-Armbinde auf einem Foto – aber wie Sie sehen, war er durchaus angeschlagen, hatte glasige Augen – er wollte ganz bestimmt nichts untergraben." Selbiges gelte für den Siebtangeklagten, der auf einem Bild mit Wehrmachtsgürtel ist. Der Viertangeklagte habe zwar im Objekt 21 gewohnt, "aber er ist bei keinem einzigen Liederabend auf Fotos zu sehen" – er habe sich nur deshalb im Gebäude aufgehalten, "weil er Gemeinschaft gesucht hat". Für den Drittangeklagten führt der Verteidiger zudem ins Treffen, "dass er mit einer Türkin liiert war".

Fünfzehnter Eintrag, 15.49 Uhr: Der zweite Strafverteidiger des Erst- und des Zweitangeklagten, Andreas Auer, kritisiert, dass hier ein Verfahren angestrengt werde, um "Andersdenkende zu kriminalisieren". Gesinnung sei nicht strafbar, auch der Besitz von NS-Symbolen sei nicht strafbar – niemand habe vorsätzlich NS-Propaganda in Umlauf gebracht, "es gab keine Flugblätter und keine Pickerln mit Nazisymbolen". Auch die Nachbarn des Objekt 21 "haben sich nur wegen Lärm- und Geruchsbelästigung beschwert, niemand hat sich wegen Wiederbetätigung beklagt", meint der Anwalt und fragt: "Soll das strafbar sein, wenn man sich in einem Haus trifft, Bier trinkt, Lieder hört?"

Dass bestimmte germanische Symbole "im Nationalsozialismus missbraucht" wurden, sage noch nichts darüber aus, wie sie heute verwendet werden, meint Auer, der als Beispiel auch "Kreuzzüge, Inquisition und den Jihad" heranzieht – man verbiete ja schließlich auch nicht das Kruzifix oder den Koran. Und schließlich zieht der Verteidiger auch noch den Kinofilm "Thor 2" heran, um die Unschuld seiner Mandanten zu belegen: "Auch hier wird germanischen Gottheiten gehuldigt – Sie sehen, das ist nicht strafbar."

Vierzehnter Eintrag, 15.38 Uhr: Der Verteidiger des Erst- und des Zweitangeklagten, Werner Tomanek, beginnt sein Plädoyer mit einer Kritik am Gericht. "Ich ersuche Sie, die Rechtsbelehrung kritisch zu hinterfragen", sagte er zu den Geschworenen. Dass er der Rechtsbelehrung der Geschworenen durch die Berufsrichter nicht beiwohnen dürfe, "bereitet mir Bauchschmerzen", so Tomanek, denn schon die Formulierung des Fragenkatalogs habe ihn veranlasst, die richtige Anwendung des Verbotsgesetzes durch das Gericht anzuzweifeln. Denn, so erläuterte Tomanek erneut, "die Waffen-SS war kein politischer Verband", demnach könne auch die Verwendung ihrer Symbole kein Akt der Wiederbetätigung sein.

Es sei nicht auszuschließen, dass Angehörige der Angeklagten in Divisionen der Waffen-SS waren und es somit einen persönlichen Bezug zum Thema gebe – "und wenn wir Angehöriger, die gefallen sind, gedenken, dann ist das keine Wiederbetätigung", fährt Tomanek fort. Und weiter: "In ganz Österreich gibt es Kriegerdenkmäler, wo auch der gefallenen Soldaten der Waffen-SS gedacht wird – auch das ist keine Wiederbetätigung. Und wenn am Ulrichsberg gefeiert wird und die Kameradschaft IV auftritt, dann ist das von vielen geschmäht – aber wäre es bedenklich, dann wäre es längst ausgemerzt."

Dreizehnter Eintrag, 15.25 Uhr: "Lassen Sie sich nicht beirren durch die Ausführungen bezüglich der Waffen-SS", appellierte der Staatsanwalt an die Geschworenen – er bezieht sich auf die Bemerkung des Verteidigers der beiden Erstangeklagten, Werner Tomanek, der ja gesagt hatte, die Waffen-SS sei als Teil der Wehrmacht keine politische Institution gewesen, sondern eine militärische – deren Symbole könnten daher nicht im Sinne einer NS-Wiederbetätigung verwendet werden. "Das stimmt nicht", so der Staatsanwalt – denn der Paragraf 3g des Verbotsgesetzes sei eben ein Auffangtatbestand „für alles, was nicht unter a bis f fällt." Hakenkreuzbinde und -tattoo sowie Hitlergrüße seien jedenfalls "typische Merkmale der NS-Wiederbetätigung".

Alle Angeklagten hätten, wenn sie schon nicht selbst Liederabende organisiert hätten, diese als Vereinsverantwortliche zumindest verhindern müssen, ihnen musste klar sein, dass Hitler-Sprüche und Hitler-Huldigungen strafrechtlich relevant sind, zudem seien die "Tattoos, T-Shirts und das, was man auf Videos und Bildern sieht", Beweise für die innere Tatseite der Angeklagten.

Die "geschichtlichen Aspekte" lasse er beiseite, meinte der Staatsanwalt: "Falls es Unklarheiten bezüglich der Einordnung der Symbole gibt, finden Sie eine Liste aus Wikipedia im Akt." Jedenfalls habe man Zeichen verwendet, die "Symbole sind für die Brutalität und die Verbrechen im Dritten Reich. Wenn man dann hört, dass im Gebäude Livekonzerte mit das Dritte Reich verherrlichenden Texten stattgefunden haben, dann bekommt das Ganze ein gewisses System."

Was den Erstangeklagten betrifft, plädierte der Staatsanwalt auf besonders harte Bestrafung: "Er ist bereits zweimal einschlägig vorbestraft. Ich erwarte eine Strafe, die im zweiten Teil des Strafrahmens zu liegen kommt. Alles andere würde ihn nicht davon abhalten, weitere Taten zu begehen."

Zwölfter Eintrag, 15.05 Uhr: Der Staatsanwalt argumentierte, dass man im Falle einzelner Angeklagter nicht von reinem Mitläufertum sprechen könne: "Alle Angeklagten außer W. waren im Vorstand des Vereins und haften deshalb für die Aktivitäten des Vereins." Es sei daher auch irrelevant, ob einzelne Angeklagte eventuell nicht mehr getan hätten, als ein Verbrechen nicht zu verhindern: "Es geht nicht ums Verhindern, sondern um ein gemeinsames Verantworten."

Elfter Eintrag, 14.10 Uhr: Der Staatsanwalt verwies in seinem Schlussplädoyer auf gängige Spruchpraxis, wonach Aktivitäten, die gesetzt werden, um die ausdrückliche Zuwendung zum Nationalsozialismus zu verschleiern, dennoch als Wiederbetätigung zu werten seien. Es handle sich hier eben um Wiederbetätigung "in einer anderen als in den Paragrafen 3a-f genannten Form" (es wurde nach §3g Verbotsgesetz angeklagt, Anm.). "Die Angeklagten wollten nach außen hin einen Deckmantel tragen, aber wenn man ins Innere vordringt, dann hat man die rechte Szene in ihrer Brutalität." Als Beweise dafür, dass NS-Symbolik nicht nur im Inneren verwendet, sondern auch nach außen getragen wurde, nennt der Staatsanwalt etwa den Facebook-Account und die Webseite von Objekt 21, aber auch die Aussage des Belastungszeugen, wonach zu Liederabenden mittels SMS eingeladen worden sei.

Zehnter Eintrag, 12.56 Uhr: Der Zweitangeklagte, Objekt-21-Vereinsobmann und Hauptmieter Manuel S., erklärte am Vormittag vor Gericht, dass die oft erwähnte Feuerstelle in Form einer Schwarzen Sonne "kein Grillplatz, sondern ein Thing-Platz" sei. "Gegrillt haben wir woanders." S. wurde von der Vorsitzenden noch einmal zum Wandschmuck im Partyraum befragt. S. bestritt, dass es sich um SS-Zeichen handle, das seien "alte Runen, die gibt es schon viel länger als das Dritte Reich, die Geschichte ist schließlich älter als 80 Jahre, oder?" – Vorsitzende: "Ja, Gott sei Dank." Die Runen seien aber zum Teil eindeutig so gestaltet, dass man sie als SS-Zeichen erkenne, so die Richterin. Darauf S.: "Das weiß ich nicht, ich bin kein Germanistikprofessor."

Neunter Eintrag, 12.43 Uhr: Noch ein paar Details zur CD, die heute zum Akt genommen wurde: Die Nazi-Lieder-Kompilation gibt es in zwei Versionen – eine Auflage à 1000 Stück, sie ist mit dem Stempel "Führerhauptquartier" versehen, außerdem eine Auflage à 500 Stück ohne Stempel, dafür mit dem bereits erwähnten Bonustrack des Songs "live aus der Waffenschmiede". Der Belastungszeuge hatte den Stempel dem Erstangeklagten Jürgen W. zugeordnet, der bestreitet aber, einen solchen Stempel zu besitzen.

Achter Eintrag, 12:14 Uhr: Der ergänzte Fragenkatalog an die Geschworenen wurde verlesen, jetzt ist Mittagspause bis 13.15 Uhr, danach beginnen die Schlussplädoyers. Einen Ausblick auf die Schlussplädoyers lieferte der Erstangeklagte schon heute Morgen: Er wollte von der Vorsitzenden wissen, warum die Zeugen und Zeuginnen nicht gefragt wurden, ob im Objekt 21 Rechtsrock-Musik verbreitet wurde. "Es waren so viele Zeugen da, und niemanden haben Sie das gefragt", beschwert sich Jürgen W., worauf sein Verteidiger abwinkt: "Passt schon, das sag' ich eh in meinem Plädoyer."

Siebenter Eintrag, 11:42 Übrigens hat die Vorsitzende auch das Bild einer Finnland-Flagge zum Akt genommen: Der Sechstangeklagte, der zugibt, das Logo des Objekt 21 (Reichskriegsflagge mit 'O21'-Schriftzug, Anm.) selbst gestaltet zu haben, hat auf die Frage, ob er die Flagge kenne und wenn ja, woher, geantwortet: "Das ist glaube ich die Finnland-Flagge." Der Ausdruck, den die Vorsitzende heute mitgebracht hat, beweist deutlich das Gegenteil.

Um 11.30 Uhr wurde das Beweisverfahren geschlossen. Das Gericht hat sich zurückgezogen, um über den Antrag auf Ergänzung des Fragenkatalogs (siehe letzter Verhandlungstag) zu beraten.

Sechster Eintrag, 11:33 Der Sechstangeklagte wird gefragt, warum sich auf jener Festplatte, die im Objekt 21 gefunden und ihm zugeordnet wird, das Cover und die Rückseite der "Reichstrunkenbold"-CD sowie das Booklet finden. "Weiß ich nicht", sagt der Befragte. Erstangeklagter Jürgen W. hat eine Idee: "Dass man die Bilder hat, heißt ja nicht, dass man sie selbst gestaltet hat. Man kann das Cover ja auch einfach eingescannt haben." Dass der Belastungszeuge behauptet hatte, der Erstangeklagte habe die CDs gemeinsam mit dem Sechstangeklagten herausgegeben, quittert der Erstangeklagte mit dem Satz: "Das ist eine Frechheit."

Fünfter Eintrag, 10:59: Die am Montag vorgelegten Fotos belegen laut Gericht, dass es im Objekt 21 Liederabende gegeben hat, manche der Angeklagten haben das ja zugegeben, andere können sich nicht erinnern. Dass der deutsche Liedermacher Philipp T. sich immer wieder im Objekt 21 aufgehalten hat, wurde von mehreren Angeklagten bestätigt.

Ein Nachtrag zur heute vorgelegten CD des "Reichstrunkenbold": Das Album, das laut einem Belastungszeugen vom Erstangeklagten und vom Sechstangeklagten herausgegeben wurde, sei in einer Auflage von 500 Stück erhältlich gewesen. Unter den Fotos, die der Staatsanwalt heute vorgelegt hat, findet sich auch ein Bild, auf dem der Sechstangeklagte zu sehen ist mit einer CD in der Hand, er trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Objekt 21-Haustechniker".

Vierter Eintrag, 10.44 Uhr: Zur Erklärung: Die Fragen zu den Wandbildern und zu den Liederabenden sind deshalb wichtig, weil die Geschworenen nicht nur zu klären haben, wer die Bilder aufgehängt oder die Liederabende organisiert hat, sondern auch, ob die einzelnen Angeklagten sich jeweils schuldig gemacht haben, indem sie es als Verantwortliche des Vereins unterlassen haben, die Bilder zu entfernen oder etwas gegen Rechtsrock-Darbietungen im Objekt 21 auszusprechen. Konkret müssen sie jetzt beurteilen, wie glaubwürdig die Aussagen sind, wonach einzelne Angeklagte die Wandsprüche und -symbole entweder nicht bemerkt haben wollen oder nicht richtig einzuordnen wussten.

Dritter Eintrag, 10.33 Uhr: Alle Angeklagten wurden ergänzend zu den Liederabenden, aber auch zu den im Objekt 21 verwendeten NS-Symbolen befragt. Keiner der Angeklagten will den umstrittenen "Wandschmuck" (Hitler-Zitate, Spruch "Der Führer hat immer recht", einschlägige Symbolik) aufgehängt haben. Der Zweitangeklagte meinte sogar, er habe die Bilder eigenhändig abgehängt. "Warum?", fragt ein Richter. "Weil ich den Verein gegründet habe", sagt der Zweitangeklagte, der ja Obmann des Vereins Objekt 21 war. Warum die Bilder später wieder da waren? – "Das weiß ich nicht. Ich war eine Woche lang nicht zu Hause, und danach waren die Bilder wieder da. Irgendwer wird sie halt wieder aufgehängt haben." Alle Angeklagten bestritten, die Symbole jemals in Verbindung mit dem Nationalsozialismus gebracht zu haben. "Ich habe dem keine Aufmerksamkeit geschenkt", sagt der Fünftangeklagte. Der Siebtangeklagte meint gar, er könne sich an gar keine Bilder erinnern. Der Viertangeklagte wird gefragt, warum er auf seinem Körper "lauter Zeichen von SS-Divisionen" (Zitat Vorsitzende, Anm.) tätowiert hat – er antwortet, er könne sich nicht erinnern, warum er sich ausgerechnet für diese Motive entschieden habe. Warum ebendiese Symbole sich auch im Partyraum des Objekt 21 wiederfinden? – "Weiß ich nicht." – "Haben Sie sich gedacht, so ein Zufall, die haben da ja dasselbe wie ich?" – "Weiß ich nicht." – "Sie haben keinen Zusammenhang zwischen Ihren Tattoos und den Symbolen im Partyraum hergestellt?" – "Nein."

Zweiter Eintrag, 9.56 Uhr: Der Staatsanwalt legte Montagmorgen eine CD und mehrere Fotos vor – zum Beweis, dass die Angeklagten im Objekt 21 rechtsradikale Musik verbreitet hätten. Die CD des Neonazimusikers "Reichstrunkenbold" (das Pseudonym wird dem hier schon öfter erwähnten deutschen Sänger Philipp T. zugeordnet, Anm.) enthält neben einigen bekannten Naziliedern auch einen Bonustrack "live aus der Waffenschmiede" – der Partyraum im Objekt 21 trug ja den Namen "Waffenschmiede". Laut einem Belastungszeugen (erster Zeuge des zweiten Verhandlungstages, Anm.) seien Erstangeklagter Jürgen W. und der Sechstangeklagte für die Gestaltung des CD-Covers verantwortlich gewesen. Unterstützt wird diese Aussage durch eine Festplatte, die dem Sechstangeklagten zugeordnet wird – auf diesem Datenträger wurde ein Entwurf für ein Plattencover gefunden, der dem Cover der Reichstrunkenbold-CD stark ähnelt.

Die Fotos, die heute vom Staatsanwalt vorgelegt wurden, sind Aufnahmen von diversen Veranstaltungen, teilweise Konzerten, im Objekt 21 – einige der Angeklagten sind darauf zu sehen. Derzeit befragt die Vorsitzende die Angeklagten zu den Liederabenden, die ja ebenfalls Teil der Anklage sind, bzw. zu den Fotos.

Erster Eintrag, 8.50 Uhr: Um neun Uhr wird die Verhandlung gegen Jürgen W., Manuel S. und die weiteren fünf Angeklagten fortgesetzt. Sollte es heute zu Verurteilungen kommen, werden bei der Strafzumessung wohl auch die Vorstrafen der Angeklagten eine Rolle spielen – nur einer der Beschuldigten ist unbescholten. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Wie auch an den vorigen Verhandlungstagen herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen. Handys müssen abgegeben werden, Laptops ebenso. Kein Filmen, kein Fotografieren, Telefonieren, Twittern, Tickern oder SMSen im Gerichtssaal – auch nicht in den Verhandlungspausen. Einige Besucher und Besucherinnen, Vertreter des Verfassungsschutzes und der Polizei sowie der Verteidiger des Erst- und des Zweitangeklagten, Werner Tomanek, sind schon da. Von den Angeklagten noch keine Spur.