Was vom Dachse übrig blieb: Sulz vom kleinen Fellräuber, erlegt und geputzt von den Profis des DachsessClubs, zubereitet vom Gasthof Kirchengast (Färbergasse 30, 8330 Feldbach, 03152/37157).

Foto: Harald Fidler

Am intensivsten unter drei Dachsgängen: Braten mit Schupfnudeln und Rotkraut.

Foto: Harald Fidler

Wir übersiedeln von Feldbach nach Deutsch-Tschantschendorf im Burgenland, in den auch recht jagdfreudigen Gasthof Walits-Guttmann.

Foto: Harald FIdler

Müssen nicht erlegt werden: Grammelpogatscherln. Sehr, sehr, sehr gut. Vermutlich am besten mit einem Schnaps.

Foto: Harald FIdler

Aber hier kommt schon eines der zartesten und wohl auch besten Wildschweine meines Lebens um die Ecke, leider mit nicht so tollen Erdäpfelnudeln.

Foto: Harald FIdler

Die kulinarisch so gar nicht wilde Wunderbare wählte Zander - der stand immerhin unter dem Wild auf der Karte. Das Filet mit Kürbisgemüse und Petersilienerdäpfeln schien mir okay, hatte ihr aber ein bisserl zuviele Gräten.

Foto: Harald FIdler

Nein, die Wilden unter Ihnen brauchen jetzt nicht die besten Verbindungen nach Feldbach suchen. Weder hat das Gasthaus Kirchengast dort den schwarz-weißen Allesfresser auf der Karte, auch nicht auf der für saisonale Wildspezialitäten oder gar auf einer allfälligen geheimen Karte unter der Budel. Noch will der steirische DachsessClub sein Hobby unter die Leute bringen.

Aber wenn der Fidler unbedingt auch mal Dachs essen will und nicht nur auf Schmecks davon lesen, dann macht der Club schon einmal eine Ausnahme und lässt ein paar Zugereiste an seiner jährlichen Generalversammlung teilhaben. Wo die Clubmitglieder doch erstmals im Wirtshaus tagen und speisen, was Profikoch Roland Übelbacher aus "rund drei Tieren" macht.

Dass du nicht eingehst unter meinen Dachsen

Untersucht werden die Tiere vom Präsidenten des Clubs, Albin Klauber, Amtstierarzt. Das beruhigt. Gründlich geputzt werden die Tiere von den zwei aktivsten Jägern im DachsessClub. Das beruhigt noch mehr. Wie erinnerungsstarke Schmecks-Leserinnen wissen, empfiehlt sich, vor dem Verzehr alles Fett zu entfernen. Nicht allein, um damit einzucremen, wo's weh tut. Sondern vor allem, damit der Dachs nicht zu sehr dachst.

Ein wenig tut er das auch ganz ohne Fett, aber wer das nicht will, kann ja Extrawurst zu sich nehmen oder Putenschnitzel. Beim DachsessClub im Kirchengast eröffnen wir mit den Stückchen, die beim Zerlegen so anfallen: Dachssulz mit Wildkräutersalat und einer sehr gschmackig-senfigen Kernölcreme. Die Sulz ginge problemlos durch als Gericht von weit gewohnteren Tieren. Das hätt ich mir nicht gedachst.

Ein kleines Bisschen intensiver wird es beim Szegediner Gulasch vom Dachs - aber auch da könnt das dunkle Fleisch von ganz anderem, geläufigerem Wild oder auch Kuh stammen. Wäre ohne Vorwarnung kaum auf den pelzigen Räuber gekommen.


Foto: Harald Fidler

Geradezu ideal für Szegediner, der Dachs.

Die intensivste Dachsvariante in unserem Programm: Braten mit Rotkraut, Serviettenknödel oder Schupfnudeln. Da kann ich den ersten Schmecks-Befund zwischen Jungrind und Wildschwein nur bestätigen - sehr dunkel, sehr kräftig. Wer intensives Wild mag - soll ja tatsächlich Menschen geben, die nicht - wird Dachsbraten schätzen. Schätz ich. 

Gegessen wurde der Dachs schon lang, versichern mir die Dachsesser: Bis nämlich die Gutsherren den Bauern eingeredet hätten, er wäre ungesund - damit auch diese Felltiere ihnen bleiben. Man muss das natürlich nicht glauben, aber ich kann das gern.

Dachs darauf Wildschwein

Aber selbst in kleinen, dreckigen Gastrokolumnen soll das journalistische Prinzip des Gegenchecks nicht ganz vernachlässigt werden. Und wenn es schon nicht zu historischen Studien über die sozialen Ungleichgewichte im Dachsverzehr reicht, drängt sich Dachs darauf zumindest zum Vergleich mit Wildschweinbraten auf. Erkenntnis: Jedenfalls dieses Stück von der wilden Sau war mild und hell und zart und jedenfalls viel weniger wild als der Dachs. Beides kann man mögen. Ich jedenfalls.

Und wenn die Sau im Gasthof Walits-Guttmann mit einer ganz schönen Steinpilz-Rotweinsauce an den Tisch kommt, soll mich das definitiv nicht stören. Nur die Kartoffelnudeln schienen mir in ihrem Paniermantel wie ihrer Regelmäßigkeit und ihrem doch ziemlich festen Biss eher aus dem Convenience-Regal stammen.

Hoffentlich tu ich da jetzt niemandem Unrecht - wo doch der formidable (und übrigens gerade neu bei Brandstätter erschienene) Slow-Food-Guide für Österreich (von Kollegen Corti und Desrues) den sehr achtzigerrustikalen Gasthof in Deutsch-Tschantschendorf empfehlen.

Ganz im Sinne der Regionalität gibts Schakal nur auf dem Kaminsims und anderen Reliquien eines Jagdausflugs nach Afrika nur an der Wand, nicht auf der bei unserem Besuch saisonbedingt sehr wilden Karte.

Das kann man mit Fug und Recht auch allein schon für die Grammelpogatscherln. Saftig, fett, gut. Einer von vielen guten Gründen, auf dem Weg nach Süden die Autobahn häufiger rechts liegen zu lassen und das Südburgenland mitzunehmen. Für die Verdauung kann man nach den Pogatscherln und dem Wild ja noch in Kukmirn vorbeischauen. (Harald Fidler, derStandard.at, 5.11.2013)