Das Hotel Angelo München Westpark, von der UBM gebaut und im Jänner 2013 eröffnet, hat Bier kürzlich um 50 Millionen Euro an den deutschen Fonds Union Investment verkauft.

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Karl Bier: "Ein Globalinvestor mit seinen Anwälten und Prüfern kann auch ein sehr lästiger Partner sein."

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UBM-Chef Karl Bier sagt, warum er sich jedes einzelne seiner Projekte vorab persönlich anschauen will und wie schnell eine Immobilie in Osteuropa zur Problemimmobilie werden kann. Die Fragen stellte Martin Putschögl.

STANDARD: Das im Jänner eröffnete "Hotel Angelo Westpark" in München haben Sie kürzlich an Union Investment verkauft. Wie sehr haben Sie generell schon bei der Ideenentwicklung für eine Liegenschaft den späteren Verkauf an einen Fonds im Hinterkopf?

Bier: Wir haben sehr gute Kontakte zu großen Fonds und wissen deshalb natürlich, nach welchen Objekten die suchen. Da kommt es öfters vor, dass man sich in einem sehr frühen Stadium abstimmt - was ja gescheit ist. Alles, was man schon vorab definieren kann, ist gut. Sonst kommt nachher ein schlauer Jurist und sagt: "Das ist nicht fondsfähig, das müssen wir so oder so formulieren."

STANDARD: Derzeit ist die investorenseitige Nachfrage wohl vor allem nach Wohnobjekten sehr groß?

Bier: Ja, in Deutschland und Österreich, im Osten eher nicht. Wenn man die Wohnungen einzeln verkaufen kann, ist man in aller Regel aber besser dran. Ein Globalinvestor verlangt Abschläge, denn er nimmt einem das Risiko ab.

STANDARD: Verlaufen solche Fonds-Deals auch reibungsloser ab, was die Übergabe betrifft?

Bier: Nicht immer. Lauter Einzelkonsumenten können lästig sein, keine Frage. Aber ein Globalinvestor mit seinen Anwälten und Prüfern kann auch lästig sein. Die stellen fest, dass dieses und jenes noch nicht fertig ist. Bei Pensionsfonds kommen die externen Prüfer dazu, was ich auch verstehe. Diese Fonds müssen sich auf Empfehlungen verlassen können. Nur sehen diese Prüfer letzten Endes ihre Aufgabe in den Honoraren, die sie stellen können, indem sie eben möglichst viel an Mängeln aufzeigen. Das pervertiert sich dann teilweise, wenn die Mieter schon warten und auch einziehen würden, der Prüfer aber noch blockiert. Das ist also durchaus nicht konfliktfrei.

STANDARD: Aber die Fonds haben großen Druck, gute Objekte zu finden. Ein Verhandlungsvorteil?

Bier: Natürlich. Wir sind aber in vielen Fällen an einer Langfristpartnerschaft interessiert.

STANDARD: Schauen Sie sich alle potenziellen Entwicklungsprojekte im Vorfeld persönlich an?

Bier: Nicht immer. Manches ist so sonnenklar, dass man weiß, dass es funktionieren wird. Aber in 95 Prozent der Fälle bestehe ich darauf, dass ich es vorher sehe. Man fühlt dabei etwas aus dem Bauch heraus, und dieses Bauchgefühl kann man nicht delegieren.

STANDARD: Wie viel Zeit hat man als Bauträger denn eigentlich, sich für eine Liegenschaft zu entscheiden, bevor sie einem jemand vor der Nase wegschnappt?

Bier: Sicher kommt es vor allem im Wohnen bei sehr guten Standorten auf rasche Entscheidungen an. Aber es ist immer schlecht, sich zu schnellen Entscheidungen drängen zu lassen. Und man muss auch solche Dinge wie Widmungen beachten. Grundsätzlich ist es so: Je mehr an Hirnschmalz man in ein Projekt investieren muss, umso weniger Konkurrenz hat man. Wenn dann vielleicht sogar ein städteplanerischer Wettbewerb nötig ist, werden's gleich noch mal weniger.

STANDARD: Im tschechischen Spindlermühle bauen Sie gerade Luxuswohnungen. Wie entwickelt sich dieser Markt?

Bier: Der tschechische Markt ist keiner, der weiß Gott wie boomt, aber man kann sowohl im Wohnbau als auch im Bürobereich vernünftige Projekte machen.

STANDARD: Vergleichbar mit Österreich - fad, aber stabil?

Bier: Der Wohnungsmarkt ist schon anders als der österreichische, wo es seit Jahren nur in Richtung Eigentum geht. Das Bedürfnis, Eigentum zu schaffen, ist zwar auch in Tschechien da; die Frage ist nur, ob's die Bank finanziert. Und da hat sich - wie auch in Polen - die Bereitschaft der Banken stark reduziert. Das engt automatisch den Kreis der Interessenten für unsere Wohnungen ein. Mit den Preisen ging es ab 2000 in Tschechien rasant bergauf, teilweise sogar über das Wiener Niveau. Jetzt liegen sie wieder deutlich darunter, das ist aber meines Erachtens kein Fehler. Man muss ja immer bedenken, was sich die Leute leisten können. Also eigentlich muss es ja so sein. Der Bedarf nach Wohnungen ist sicher auch in den nächsten 20 Jahren noch gegeben. Angesichts der Plattenbauten rund um Prag oder desolater Innenstadtpalais muss irgendwann etwas investiert werden.

STANDARD: Auch in Berlin sind Sie wieder aktiv, nachdem Sie sich 15 Jahre lang zurückgezogen hatten.

Bier: Wir haben schon 1994 die ersten Wohnungen in Berlin gebaut, zwei Jahre später aber wieder aufgehört, weil wir gesehen haben, dass es immer schwieriger wird. Ein Problem dort ist, dass es ein starker Mietenmarkt ist. Die Berliner waren gewohnt, immer zu vernünftigen Konditionen mieten zu können. Da haben dann die Preise zwischen Miete und Neubau nicht mehr zusammengepasst. Vor drei Jahren haben wir das erste Projekt wieder begonnen, mit einem angepeilten Verkaufspreis von 3000 Euro pro m² in Mitte als Kalkulationsgrundlage. Man warnte uns, dass das zu hoch gegriffen sei, 2600 bis 2800 wären realistischer. Im Endeffekt haben wir um 3800 Euro verkauft.

STANDARD: Das ergibt eine enorme Marge.

Bier: Natürlich freut man sich, wenn das um 20 Prozent über der Kalkulation liegt. Das risikoärmste Geschäft wäre es, etwas genehmigen zu lassen und dann ohne zu bauen weiterzuverkaufen. Das gelingt uns auch hie und da. Wenn dafür jemand gleich viel oder mehr zahlt als einzelne Wohnungskäufer und wir so das Risiko des Bauens abgeben können, dann werden wir das machen. Aber in Berlin wären wir damit um diesen Mehrerlös umgefallen.

STANDARD: Wie oft kommt es vor, dass Sie einen Vorschlag einer Länderniederlassung ablehnen?

Bier: Sehr oft. Speziell in der Zeit vor der Krise war das extrem. Da haben beispielsweise in Rumänien alle gesagt, dort geht die Post ab. Wir haben aber bis auf ein Projekt alles abgelehnt, und das war gut so. Wir haben in Osteuropa auf den Hauptmarkt Polen gesetzt.

STANDARD: Ist Ihr Logistikobjekt in Rumänien eine "Problemimmobilie"?

Bier: Nein, das ist eine funktionierende Immobilie. Natürlich kann es immer sein, dass einer der zehn Mieter ein Zahlungsproblem hat. Die hatten alle Umsatzeinbrüche von 50 Prozent und mehr. Da muss man Agreements treffen, die Miete eine Zeitlang reduzieren. Wir hätten dort ganz andere Probleme, wenn wir die Grundstücke, die uns für Hotels und Wohnbauten oder auch Büros angeboten wurden, genommen hätten, zu den früheren Konditionen. Aber die Logistikimmobilie ist vermietet, trägt sich also selbst. Im Ernstfall kauft einem diese Immobilie derzeit natürlich auch niemand ab - außer Schnäppchenjäger.

STANDARD: Wie wichtig ist das Ausstiegsszenario für Ihre Entscheidungen?

Bier: Das ist das Um und Auf. Wir leben davon, dass wir die Liegenschaften wieder veräußern.

STANDARD: Zum Schluss nochmals nach Polen: Dort kann man derzeit nichts falsch machen, oder?

Bier: Es ist von allen Ostländern das am besten funktionierende, letztlich geht es aber auch dort ums Sparen, deswegen ziehen Firmen hin. Ein Thema wird sicher der Austausch von alten auf neue Büros in Warschau. Aber wie schnell das geht, ist die Frage. Das ist generell die Kunst in unserem Geschäft: die richtigen Produkte zu erraten. Es ist immer interessant, im Nachhinein zu sehen, was man alles nicht gemacht hat. Und wenn da zumindest mehr als die Hälfte besser so ist, dass man's nicht gemacht hat, dann kann man schon zufrieden sein. (DER STANDARD, 2.11.2013)