Käthe Sasso erinnerte in ihrer Rede an jene WiderstandskämpferInnen, die bereits der Vergessenheit anheim gefallen sind.

Foto: Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Leo Hagen

Am Montag Abend wurde eine der wenigen noch lebenden WiderstandskämpferInnen des Nationalsozialismus in Wien geehrt. Käthe Sasso ist heute 87 Jahre alt und hat sich als 15-Jährige entschlossen in den Widerstand zu gehen. Ihre Widerstandsgeschichte wurde eine Dokumentation gewidmet, die nun am Montag abend im Parlament präsentiert wurde.

Vorbild für Zivilcourage und Mut

Gastgeberin und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer würdigte in ihrer Rede Käthe Sasso als Vorbild für Zivilcourage und Mut und hob überdies ihre Bedeutung für die Republik Österreich als Zeitzeugin hervor. Käthe Sasso hat Jahre in Gestapo-Gefängnissen in Wien verbracht, entging nur wegen ihrer Jugend der Hinrichtung durch das Fallbeil und wurde 1944 in das KZ Ravensbrück deportiert. Käthe Sasso habe mit ihrer Entscheidung, als 15-jähriges Mädchen in den Widerstand zu gehen, eine Herausforderung angenommen, die Gleichaltrigen heute völlig unbekannt sei, meinte Prammer weiter. Sie habe damit aber für uns alle bewusst gemacht, dass Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern tagtäglich erstritten, erkämpft und erhalten werden müssen.

Regisseur Kurt Brazda und Kameramann Benjamin Epp richten den Fokus ihres Films "Erschlagt mich, ich verrate nichts" auf Sassos Aktivität und Haft in den Jahren 1938 bis 1944 und begleiten die ehemalige Widerstandskämpferin, wie sie ihren Begegnungen und Erlebnissen auf den Originalschauplätzen, dem berüchtigten Polizeigefangenenhaus an der Rossauer Lände oder dem Landesgericht etwa, nachspürt. Käthe Sasso erinnert dabei vor allem auch an jene, die im Kampf für die Menschlichkeit hingerichtet wurden und von denen viele bereits dem Vergessen anheimgefallen sind. 

Gedenkstätte für Gruppe 40 am Zentralfriedhof eingeweiht

Aktueller Anlass für den Film war die Errichtung einer Gedenkstätte am Areal der Gruppe 40 im Wiener Zentralfriedhof an jener Stelle, wo die Hingerichteten verscharrt wurden. Sasso hatte sich jahrelang für die Erhaltung und Würdigung der Gräber der Gruppe 40 eingesetzt.

Käthe Sasso erwiderte, das Lob gebühre nicht ihr allein, sondern all jenen Frauen und Männern, die im Widerstand gegen die Nazis für ein freies und demokratisches Österreich ihr Leben gegeben haben. Sie bedankte sich dafür, dass die Gruppe 40 am Zentralfriedhof nun zur nationalen Gedenkstätte erklärt wurde und damit auch in Zukunft in Würde erhalten bleibt.

Anerkennung ließ auf sich warten

Sie erinnerte aber auch an die Zeit nach 1945, als man den Überlebenden nach ihrer Rückkehr aus den Gefängnissen und Konzentrationslagern, wie sie sagte, wenig Freude entgegenbrachte. Erst Jahrzehnte später hätten die ehemaligen WiderstandskämpferInnen und die vom NS-Regime Verfolgten das gefunden, was sie lange vermisst hatten - Verständnis, Menschlichkeit, Anerkennung und Hilfe. Vor allem an die Jugend richtete Käthe Sasso die Bitte, sich sämtlichen faschistischen Strömungen und Unmenschlichkeiten aufrecht entgegenzustellen, so wie es die mutigen Frauen und Männer der Gruppe 40 getan hatten.

Zu Wort kam auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der die Aufarbeitung der Zeitgeschichte als eine der Kernaufgaben des öffentlich-rechtlichen Senders betrachtete und in diesem Sinn von einem "elektronischen Gedächtnis" sprach. Kurt Brazda, der Regisseur der Dokumentation, wiederum interpretierte den Film als leidenschaftliches Plädoyer für die Demokratie und fügte an, Zeitzeugen wie Käthe Sasso ermöglichten es erst, die Ungeheuerlichkeit jener Epoche zu begreifen. Das Vorbild der Widerstandskämpfer lehre aber auch, dass es keine Lorbeeren gibt, auf denen sich die Demokratie ausruhen könne, mahnte Brazda. (red, dieStandard.at, 5.11.2013)