Satiriker Juri Andruchowytsch entdeckt gegenwärtig wieder seine poetischen Wurzeln.

Foto: Literaturhaus Salzburg

Salzburg - Die westukrainische Stadt Iwano-Frankiwsk scheint ein guter Nährboden für Schriftsteller zu sein. Neben Jurko Prochasko und Tanja Maljartschuk stammt auch Juri Andruchowytsch aus dem galizischen Ort, der während der k. u. k. Monarchie auf Deutsch Stanislau hieß. Andruchowytsch kam dort 1960 zur Welt, in Lemberg studierte er Journalismus, bevor er sich in den 1980ern der Literatur zuwandte.

Dabei suchte er Positionen abseits des herrschenden sozialistischen Realismus: Andruchowytsch dockte beim Dadaismus an. 1985 gehörte er zu den Mitbegründern der Performancegruppe Bu-Ba-Bu (" Burlesk-Balagan-Buffonada" für: "Burleske, Rummel, Possenreißer").

Ein erster Gedichtband folgte, danach satirische Erzählungen über seine Erlebnisse während des Wehrdienstes in der sowjetischen Armee. In satirischen Romanen beschäftigte sich der Autor mit der Realität des Postkommunismus, grassierendem Nationalismus und russischem Kulturchauvinismus. Daneben profilierte er sich als Essayist, der ironisch über seine Heimat, die Lügen der Politiker und die enttäuschten Hoffnungen der "Orangen Revolution" oder die prekäre Lage seiner Künstlerkollegen schreibt. Zudem ist Andruchowytsch Fußballfan: Sein Beitrag im Sammelband Wodka für den Torwart feiert den "totalen Fußball" der Niederlande in den 1970er-Jahren, den dann auch Dynamo Kiew praktizierte.

Ab der Jahrtausendwende entdeckte der vielseitige Freistilstilist wieder verstärkt die Poesie. 2009 erschien ein Auswahlband in deutscher Sprache, Werwolf Sutra (Verlag Das Wunderhorn).

Inspiriert von Rockmusik und der Beatgeneration schreibt Andruchowytsch songhafte Verse über Liebe, Reisen, das Studentenleben, den Alltag und die Geschichte. Die Musikalität seiner Lyrik versucht er jetzt gemeinsam mit Pianistin Vera Kapeller und Schlagzeuger Peter Conradin adäquat umzusetzen: in einem synästhetischen Programm mit volksliedartigen Stücken, um die zwei Ebenen, Wort und Musik, noch zu verstärken. Lesung und Konzert. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 6.11.2013)