Frankfurt - Schwerer Rückschlag für den "Kulturwandel" bei der Deutschen Bank: Wie in einem Teil der Dienstagsausgabe bereits berichtet, steht Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen im Verdacht, im langjährigen Rechtsstreit des Instituts mit den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch vor Gericht gelogen zu haben.

Es gehe um versuchten Prozessbetrug, sagte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft. Bei einer Verurteilung drohen dem Topbanker, dessen Vertrag gerade erst um zwei Jahre bis 2017 verlängert wurde, bis zu fünf Jahre Gefängnis. Doch ob es überhaupt zu einer Anklage kommt, ist offen - bis zu einer Entscheidung können Jahre vergehen. Deutschlands größtes Geldhaus weist die Vorwürfe zurück. In dieser Causa ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits gegen Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, dessen Vorgänger Rolf Breuer sowie Exaufsichtsratschef Clemens Börsig und Exvorstandsmitglied Tessen von Heydebreck.

Vier Milliarden auf der Seite

Weltweit muss sich das Institut schon einer Flut von Prozessen und Klagen stellen. Dafür hat es inzwischen mehr als vier Milliarden Euro zur Seite gelegt. Einer der größeren Investoren der Bank quittierte die jüngsten Nachrichten mit den Worten: "Das rührt an den Grundfesten des Vertrauens in die Bank." Auch Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim in Stuttgart ist skeptisch: "Angesichts der Flut an Rechtsstreitigkeiten dürfte es dem Führungsduo Fitschen und Anshu Jain immer schwerer fallen, sich auf das Tagesgeschäft zu konzentrieren."

Dabei waren die beiden Banker im Sommer 2012 als Nachfolger des langjährigen Vorstandschefs Ackermann mit dem Ziel angetreten, die Altlasten der Deutschen Bank konsequent aufzuräumen. Sie versprachen eine neue Kultur: Windige und Image belastende Geschäfte sollten der Vergangenheit angehören. Doch die Liste, die es noch abzuarbeiten gilt, ist lang: Neben dem Schadenersatzverfahren der Kirch-Familie geht es etwa um mutmaßliche Zinsmanipulationen, Bilanztricks und fragwürdige US-Hypothekendeals.

Auch Fitschen unter Druck

Außerdem bekam das Institut Anfragen von Aufsehern, die dem Verdacht von Manipulationen auf dem billionenschweren Devisenmarkt nachgehen. Viele der Vorwürfe betreffen den früheren Bereich des langjährigen Chef-Investmentbankers Jain, doch nun ist auch Fitschen gleich an mehreren Fronten unter Druck.

Gegen den 65-Jährigen ermittelt bereits die Frankfurter Staatsanwaltschaft im Zuge des Skandals um Betrug mit CO2-Verschmutzungsrechten wegen schwerer Steuerhinterziehung. Das Oberlandesgericht München hatte der Bank im Dezember 2012 eine Mitverantwortung für die Pleite des Medienkonzerns von Leo Kirch im Jahr 2002 gegeben. Das Institut wurde deshalb zu Schadenersatz verurteilt, um dessen Höhe beide Seiten allerdings noch ringen. Vergleichsverhandlungen scheiterten bisher. (Reuters, DER STANDARD, 6.11.2013)