Augsburg/München/Wien - Der Münchner Kunstfund ist für Alfred Weidinger, Vizedirektor des Wiener Belvedere, alles andere als eine Überraschung: "Das ist alles ziemlich aufgeblasen. Dass diese Sammlung existiert, das war kein Geheimnis. Im Grunde genommen hat jeder wichtige Kunsthändler im süddeutschen Raum gewusst, dass es das gibt - auch in der Dimension", unterstrich der Experte für die klassische Moderne im APA-Gespräch.

Weidinger sieht dabei vor allem die Restitutionsforscher in der Schuld: "Jetzt wird es so dargestellt als wäre das die große Sensation, die große Entdeckung - gewusst hat das jeder." Hätten die Restitutionsforscher richtig gearbeitet, wären sie bereits bedeutend früher darauf gekommen, so der Experte. "Das Problem in der Restitutionsforschung ist, dass sie nicht präzise genug sind. Jetzt von einer großen Entdeckung zu sprechen, ist geradezu lächerlich. Wenn ein Restitutionsforscher ordentlich arbeitet, ist es kein Geheimnis, den Spuren der Familie Gurlitt nachzugehen - in keiner Art und Weise. Jeder, der von der Familie noch lebt, steht im Telefonbuch! Wenn man im Jahr 2013 darauf kommt, dass es in München die Sammlung Gurlitt gibt, dann haben die ihren Job nicht richtig gemacht."

Eine Erklärung für das Vorgehen der Behörden und den Umgang mit der Öffentlichkeit hat der Kunsthistoriker ebenfalls: "Ich glaube, da wollen sich Leute wichtig machen. Da kommt plötzlich eine Kunsthistorikerin daher, die mit einem Male als die große Entdeckerin gilt - das ist lächerlich!" Er persönlich glaube jedenfalls nicht, dass sich noch weitere Gurlitt-Werke in Österreich finden werden. Sein persönliches Fazit ist jedoch eindeutig: "In diesem Fall haben viele ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht." (APA, 6.11.2013)