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Auch Computerprogramme sind Literatur und können urheberrechtlich geschützt werden.

 

Foto: dpa/Berg

Sag noch einer, Informatik habe nichts mit Sprache zu tun! Sitze ich doch neulich in der Rechtsinformatikvorlesung, wohlgemerkt am Institut für Informatik, nicht am Juridicum. (An alle Juristen: Die Fenster lassen sich hier übrigens öffnen.) Es geht um gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Erklärt da der Vortragende, Computerprogramme werden laut österreichischem Urheberrecht Sprachwerken und somit der Literatur zugeordnet.

Also doch Literatur! Sehr interessant. Da werden ein paar Hardcore-Informatiker rotieren. Schützbar sind nur eigene geistige Schöpfungen, Ideen als solche können nicht geschützt werden. Was bedeutet das jetzt aber für die anwesenden Studentinnen und Studenten? Schützbar sind im Sinne des Urheberrechts demnach allenfalls Implementierungsalgorithmen, nicht aber Entwurfsalgorithmen. Für alle Nicht-Informatiker: Das heißt, dass Java, C++ oder andere Programmiersprachen vom Gesetzgeber wie Spanisch, Englisch oder Deutsch verstanden werden. Nur die Implementierung in einer gewissen Sprache kann geschützt werden. Blöd für die Programmierer und Programmiererinnen!

Jetzt haben sie zum Beispiel ein tolles Programm in Java geschrieben und jemand anderer baut das in C++ nach, Pech gehabt. Deshalb rät der Vortragende, es in möglichst allen Sprachen auszuprogrammieren – quasi von der Schöpfung bis zur Erschöpfung. Das wird nicht immer machbar sein, das ist allen klar.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, so lernen wir, dass das Urheberrecht nur greift, wenn nachweisbar ist, dass jemand einen gewissen Codeblock als erste geschrieben hat. Ihn bloß im Kopf zu haben und dann zu schreien: das war aber mein genialer Einfall! - reicht nicht. Auch hier spielt Verschriftlichung also eine große Rolle, egal, ob man sie nun als Literatur versteht oder nicht.

Ein großer Unterschied, so ein anderer Hinweis des Vortragenden, bestehe zwischen Dienstnehmerwerken und solchen, die im Rahmen eines Werkvertrages entstünden. Nur beim Werkvertrag bleiben die Rechte beim Programmierer. An dieser Stelle blickt sogar die Studentin auf, die zwei Reihen vor mir gerade online in ihr Solitaire vertieft ist. In manchen Fällen ist also ein Werkvertrag günstiger? Ja, vor allem, wenn eine eigene Unternehmensgründung geplant sei.

Ich bin beeindruckt, wie lebensnah und angewandt die Vorlesung ist, etwas Ähnliches hätte ich mir vor 20 Jahren auch auf der Germanistik beziehungsweise Publizistik gewünscht. Fragen des Urheberrechts waren und sind ja auch für freie und angestellte Journalistinnen relevant, in Zeiten der Digitalisierung mehr denn je.

Aber nicht nur Fragen der eigenen Urheberrechte werden behandelt. Auch auf die Gefahren bei der Rechtsverletzung gegenüber anderen werden besprochen. Also zum Beispiel bei der Benutzung, Vervielfältigung oder Verbreitung. "Überlegen Sie bitte, welche Verträge Sie eingehen", so die Conclusio dieser Lehrveranstaltung. Welch weise Worte. (Tanja Paar, derStandard.at, 7.11.2013)