Wäre Barbara Rosenkranz die bessere FPÖ-Kandidatin für das Amt der Dritten Nationalratspräsidentin gewesen? Die Frage klingt absurd, aber immerhin gibt es von ihr eine "eidesstättige Erklärung", dass sie das "Verbotsgesetz als Symbol für die Abgrenzung vom Nationalsozialismus niemals in Frage gestellt habe" und dieses auch weiterhin "nicht in Frage stellen" werde. Das ist schon einmal etwas im Österreich des Jahres 2013! Von Norbert Hofer gibt es eine solche Erklärung nicht.

Denn der von allen außer den Grünen-Abgeordneten - also auch von SPÖ, ÖVP, Stronach und Neos - gewählte derzeitige Dritte Nationalratspräsident wankt nicht wie ein Fähnlein im Wind und verkündet im Kurier, dass sich das Verbotsgesetz "ein bisschen mit der Meinungsfreiheit spießt".

Das Signal Hofers an den rechten Rand unserer Gesellschaft erfolgte nur wenige Tage nach seiner Wahl als Nationalratspräsident, wenige Tage vor dem 75. Jahrestag der "Reichspogromnacht" und am selben Tag, an dem in Wels ein aufsehenerregender Prozess gegen sieben Neonazis mit sieben - nicht rechtskräftigen - Urteilen endete. Alles Zufall?

Immerhin war schon die Wahl Hofers zuletzt Anlass für eine gezielte Provokation durch den freiheitlichen Klub und eine Botschaft an den rechten Rand: Alle FPÖ-Abgeordneten trugen eine blaue Kornblume und somit jenes Symbol, das ab 1933 von den in Österreich "illegalen" Nationalsozialisten als Erkennungszeichen, nämlich als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz, getragen wurde. Die blaue Kornblume hat in Österreich eine lange blaubraune Tradition: Als "preußische Blume" war sie schon im 19. Jahrhundert das Symbol der alldeutschen Bewegung des rabiaten Antisemiten Georg Ritter von Schönerer und in der Folge dann natürlich auch das Symbol seiner Großdeutschen Partei. Ist es Zufall, dass die FPÖ der "Nach-Haider-Ära" seit 2006 auf dieses Symbol zurückgreift? So wie viele neonazistische Organisationen nach 1945?

Es gibt eben Traditionen. In diesen fühlt sich Norbert Hofer wohl. Und es sage daher niemand, man habe nicht gewusst, wer da im Parlament zur Wahl stand: Hofer hat schon vor fünf Jahren lauthals eine Volksabstimmung über das Verbotsgesetz gefordert. Die sogenannte Wehrmachtsausstellung war für ihn linksextremes Teufelswerk, ein "perverser Exhibitionismus der staatssubventionierten Linken". Und selbstverständlich war der freiheitliche Umweltsprecher gegen Atomkraftwerke - außer wenn sie von "deutschen Ingenieuren" gebaut wurden. Das vertraute er treudeutsch der rechtsextremen Postille Hier&Jetzt an: "Für mich ist klar, dass die deutschen Kernkraftwerke aufgrund der technischen Qualifikation deutscher Ingenieure nicht mit jenen in vielen anderen Ländern vergleichbar sind."

Hofer hat seine Botschaft übrigens zeitlich passend platziert. Denn der Dritte Nationalratspräsident stellte den Paragrafen 3g des NS-Verbotsgesetzes just an jenem Tag infrage, an dem die Öffentlichkeit auf das Urteil im Prozess gegen sieben Neonazis gewartet hat, die nach genau diesem Paragrafen angeklagt waren. Die inzwischen nicht rechtskräftig Verurteilten gelten als "Führungskader" der etwa 200 Mitglieder des Vereins "Objekt 21". Im Vereinslokal wurden NS-Devotionalien zur Schau gestellt, der "Hitler-Gruß" war gang und gäbe, und die Angeklagten trugen eintätowierte Runen und andere NS-Symbole während des Prozesses zur Schau.

Unter Schwarz-Blau wurde auf Betreiben der Burschenschaft Olympia der Rechtsextremismusbericht abgeschafft, weil - so der "Olympe" Walter Asperl - etwas "gegen die menschenrechtswidrigen Bestimmungen wie das Verbotsgesetz getan werden muss". Den Rechtsextremismusbericht wieder einzuführen wäre die richtige Antwort auf den jetzigen Dritten Nationalratspräsidenten.

In einem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof im Jahr 1985 festgestellt: "Die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik." Das soll so bleiben. Und auch die Botschaft an jene Abgeordneten, die den jetzigen Dritten Nationalratspräsidenten gewählt haben, ist klar: "Eure Schande heißt Norbert Hofer!" (Harald Walser, DER STANDARD, 7.11.2013)