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Michael Kemmer saß zur Zeit des Hypo-Verkaufs im Vorstand. Heute ist er Chef des deutschen Bankenverbands.

Foto: epa/kneffel

Wien - Der Einkauf der BayernLB in Österreich (per Erwerb der Hypo Alpe Adria 2007) wird das Landgericht München I länger beschäftigten; ein Termin für den Untreueprozess gegen Exbankchef Werner Schmidt und sechs seiner Exkollegen steht aber noch nicht fest. Ihnen wird vorgeworfen, die Hypo um 500 Mio. Euro zu teuer gekauft zu haben; Verkäufer waren Berlin & Co., Kärntens Landesholding, Versicherer Grawe und die Hypo-Mitarbeiterprivatstiftung Maps. der Standard betont, dass für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung gilt.

Schmidt führte die BayernLB von Mitte 2001 bis Februar 2008; die Hypo kannte er schon seit 2001: Als Unternehmensberater hatte er sie beraten.

"Sprachregelung"

Zehn Mal wurde Schmidt einvernommen, aber erst nach Längerem, heißt es in der Anklage, habe er zugegeben, dass es schon 2006 Kontakte zwischen ihm, Tilo Berlin und Hypo-Chef Wolfgang Kulterer zum Thema Hypo gegeben habe. Hinter dieser "Zaghaftigkeit" vermuten die Staatsanwälte die Umsetzung "einer Sprachregelung" der drei Genannten, "im Kärntner U-Ausschuss falsch anzugeben, dass das Thema Hypo-Erwerb für die Bayern erst ab Ende Februar 2007 begonnen habe. ... Ob sich Schmidt dafür vor einem österreichischen Gericht verantworten muss, bleibt abzuwarten".

Jedenfalls sei Schmidt von mehreren Seiten unter Erfolgsdruck gestanden. Verwaltungsratschef Kurt Faltlhauser und Kollegen hätten ihm (nach dem Scheitern der Bawag-Übernahme) signalisiert, "dass man nicht noch einmal am Preis scheitern solle ... und versuchen solle, das Ding zu bekommen". Weiters dürfte er sich von Berlin & Co unter Druck gefühlt haben: "Die Drohung von Berlin & Co ist immer der Börsegang der Hypo gewesen". Er selbst habe einen Börsegang der Hypo 2008 "noch für möglich gehalten".

Was die "wesentlichen Dinge des Kaufs" betrifft (zusammengefasst im Vorwurf, die Bayern hätten bei Prüfung und Kauf nach dem Motto "Augen zu und durch" agiert), verwies der ehemalige Banker stets auf das zuständige "Projektteam". Warum der BayernLB-Vorstand die Kaufverträge nicht gekannt und sich auch nicht nach deren Inhalt erkundigt habe? Schmidt laut Anklage: Er sei "nicht der Obersachbearbeiter" gewesen.

Aufpreis für Berlin & Co

Der Kaufpreis, der letztlich bezahlt wurde (auf Basis 100 Prozent 3,2 Mrd. Euro), war intern heftig umstritten. Auszug aus einer Mail zweier zuständiger Bayern-Banker von Februar 2007: "Ganz, ganz intern: Dr. Berlin war ... früher Vorstandskollege von Werner Schmidt bei der Landesbank Badnen-Württemberg. Berlin hat für 25 Prozent (an der Hypo; Anm.) 690 Mio. Euro bezahlt (Ende 2006/Anfang 2007). Die aktuelle Kaufpreiserwartung von 3,25 Mrd. ergäbe ... anteilig 810 Mio., d. h. 120 Mio. Euro mehr. Wenn wir nur ein paar Monate später für dieses Paket diesen Aufpreis zahlen sollten, wäre dringend eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, damit diese Sache in der Öffentlichkeit kein 'Geschmäckle' bekommt." Schmidt will laut (später relativierter) erster Aussage "vom Gewinn, den Berlin realisieren würde" , erst am 20. Mai erfahren haben. Zwei Tage später wurden die Verträge unterschrieben, ohne "substantielle Absicherungen", wie die Ankläger monieren.

Den Verhandlungsstil beschrieb ein Zeuge so: "Es verlief alles très amical". Angeklagter Michael Kemmer, der Schmidt später beerbte, "widersprach dieser Einschätzung nicht. Wir wollten kein nochmaliges Scheitern riskieren, das war klar. Deshalb waren die Preisverhandlungen kurz. Es stand nicht Spitz auf Knopf".

Neben all dem ortet die Justiz auch in der Wahl von Tilo Berlin zum Hypo-Chef einen "Tatumstand". Er wurde schon am 26. April 2007 zum Vorstandschef bestellt (ab 1. Juni), auf Wunsch der Bayern, die den Deal laut Grawe-Manager Siegfried Grigg "sonst nicht gemacht hätten".

Die Interpretation der Ankläger: "Unter normalen Umständen hätte der Aufsichtsrat der Hypo keine Veranlassung gehabt, derartigen Wünschen im vorauseilenden Gehorsam zu entsprechen." (Renate Graber, DER STANDARD, 7.11.2013)