Wien - Für den Laien funktioniert die Welt der Steuerhinterzieher simpel: Wer sein Geld vor den Behörden verstecken will, legt es in einer Steueroase an. In Wahrheit, erzählen Finanzberater, die an vermögensoptimierenden Modellen basteln, sind die Konstrukte komplexer. Ein Österreicher gründet zum Beispiel einen Trust auf den Caymans, der sich an einer Briefkastenfirma in Panama beteiligt, die das Geld dann auf ihrem Namen in einem Land mit Bankgeheimnis - wie Österreich - anlegt. Oasen greifen ineinander über, die Konstrukte überlappen sich.
Alle zwei Jahre macht sich ein Team von Tax Justice Network (TJN) daran, die Puzzleteile zusammenzufügen und einen Überblick über die internationalen Verschleierungskonstrukte zu bieten. In der Nacht auf Donnerstag war es wieder so weit: Die britische Organisation hat zum dritten Mal ihren "Schattenfinanzindex" vorgelegt. In dem Bericht untersucht das TJN 82 Länder und autonome Territorien auf ihre Transparenz. Pro Land werden zwölf Indikatoren beleuchtet, etwa ob es ein Bankgeheimnis oder ein Unternehmensregister gibt und ob Steuerdaten weitergeleitet werden. Größte Steueroase ist dank des Bankgeheimnisses und der Größe des Finanzplatzes wie 2011 die Schweiz, gefolgt von Luxemburg. Weitere Ergebnisse:
- Österreich landet auf Platz 18 und verdankt sein schlechtes Ranking laut TJN seinem Bankgeheimnis, seinen verschwiegenen Stiftungen sowie angeblichen Lücken im Unternehmensrecht (bei Aktiengesellschaften mit mehr als zwei Aktionären besteht für diese keine Eintragungspflicht ins Firmenbuch). Zu den positiven Änderungen zählt, dass die Stiftungen etwas transparenter geworden sind. Seit 2011 müssen sie die Identität jedes hinzukommenden Stiftungsbegünstigten offenlegen.
- Der Bericht zeigt, dass einige große Finanzplätze zwar transparent sind, sich aber Satellitengebilde halten, die als Oasen genutzt werden. Bestes Beispiel dafür ist Großbritannien (London). Nicht weniger als zehn britische Überseegebiete und Kanalinseln wie die Caymans und Jersey tauchen in der TJN-Liste auf. Rechnete man sie zusammen, würde Großbritannien die Schweiz im Ranking überholen. Auch die USA erhalten sich mit den Marshall Islands einen Satellitenfinanzplatz. An Bedeutung gewinnen die asiatischen Hubs Hongkong, Macao und Singapur. In Singapur werden 1,3 Billionen US-Dollar an Vermögen verwaltet, 70 Prozent stammen aus dem Ausland. Der Stadtstaat bietet diskrete Trusts an, die Behörden kooperieren mit dem Ausland zurückhaltend.
Eine Verbesserung im Vergleich zu den Vorjahren ist laut TJN, dass Steuerbehörden auf Anfragen enger kooperieren. So haben zuletzt mehrere Länder (darunter Österreich) ein entsprechendes OECD-Musterabkommen unterzeichnet. Doch ansonsten sind Fortschritte rar. Aber habt die G-20 den Druck auf Steueroasen nicht erhöht? "Doch, die Rhetorik hat sich geändert", sagt John Christensen, Co-Autor des Berichtes, zum STANDARD, "rechtlich ist aber wenig passiert." Zudem gehen zwar viele Anstrengungen in die richtige Richtung, Christensen erwähnt das Fatca-Abkommen, mit dem die USA ihre Bürger im Ausland zwingen, ihr Vermögen offenzulegen. "Doch von solchen Verträgen profitiert oft nur ein Land, während der Rest leer ausgeht. (András Szigetvari, DER STANDARD, 7.11.2013)