Wien - Das Vorspiel war ziemlich hektisch. Mehrmals seien Termine verschoben, Teilnehmer ein- und ausgeladen worden, erzählen Eingeweihte, ehe es Freitagfrüh so weit sein soll: Die Koalitionsverhandler wollen die Analyse der Budgetsituation - vulgo "Kassasturz" - zum Abschluss bringen.

Große Teams werden am Besprechungstisch im Parlament Platz nehmen. Neben den federführenden Verhandlern der Finanzgruppe - Finanzstaatssekretär Andreas Schieder und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl auf SPÖ-Seite, Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer und Finanzministerin Maria Fekter bei der ÖVP - sind verschiedene Interessenvertreter und Budgetspezialisten aus beiden Parteien dabei. Karl Aiginger und Christian Keuschnigg, Chefs der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS, sind geladen, um Zahlen zu präsentieren. Referieren sollen auch Gerhard Steger, Budgetsektionsschef im Finanzministerium, und Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer.

Am Nulldefizit vorbei

Wie berichtet klafft im Staatshaushalt ein Loch. Das heißt: Wenn die Regierung nicht zusätzliche Einsparungen oder Steuererhöhungen verhängt, werden die Defizite in den nächsten Jahren höher ausfallen, als im offiziellen Budgetplan derzeit ausgewiesen. Die Dimension der Lücke soll nun am Freitag vermessen werden.

Bislang schwirren verschiedene Summen herum. Horrorzahlen von über 20 Milliarden Euro ergeben sich dann, wenn die Fehlbeträge der einzelnen Jahre zusammengezählt werden. Eine wohl realistische Einschätzung liefert der Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh des industrienahen Instituts Eco Austria: Wenn nichts passiert, dürften im Jahr 2016 auf das Nulldefizit drei bis fünf Milliarden fehlen. Das Minus würde damit bis zu 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

Den "überwiegenden Teil" dieses Volumens führt Schuh auf die verschlechterte Wirtschaftslage zurück: Die Konjunktur kommt nicht in die Gänge, die Arbeitslosigkeit bleibt auf hohem Niveau - das verursacht Kosten für die Arbeitslosenversicherung und dämpft Staatseinnahmen, etwa für das Pensionssystem.

Budgetlücke

Allerdings bestätigt Schuh auch, was der STANDARD berichtet hat: Als die Regierung im vergangenen Frühjahr ihren Finanzrahmen erstellte, hat sie die aktuellsten Prognosen, die bereits nach unten wiesen, außer Acht gelassen. Aus der Diskrepanz zwischen den veralteten Zahlen von damals und den trüben Aussichten von heute resultiert ein Teil der nun diskutierten Budgetlücke.

Hinter den Kulissen ist folgende Begründung für die damalige Planung zu vernehmen: So knapp vor den Wahlen wollte die auslaufende Regierung keine politischen Weichenstellungen vornehmen - zumal eh klar war, dass diese ein halbes Jahr später bei den Koalitionsverhandlungen anstehen.

Nach den Grünen, die eine Offenlegung des Budgets im Parlament fordern, empört dies auch die Blauen. Dass die ÖVP nach zwölf Jahren an der Spitze des Finanzministeriums draufkomme, dass ihr Milliarden fehlten, sagt FP-Chef Heinz-Christian Strache, "müsste den sofortigen Rücktritt Fekters zur Folge haben". (jo, APA, DER STANDARD, 8.11.2013)