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Deutscher Umweltminister Peter Altmaier beharrt auf Schutz und Rabatt für Stahlsektor.

Foto: Reuters/W. Rattay

Angriff ist die beste Verteidigung: Das mag sich Umweltminister Peter Altmaier (CDU) gedacht haben, als er Donnerstag mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nach Brüssel kam, um der EU-Kommission die Neugestaltung der Förderung von Ökostrom mit dem Ziel der Energiewende anzubieten.

Es gehe darum, dass man den Umstieg auf erneuerbare Energien etwa durch Wind- und Sonnenkraftwerke selbsttragend bezahlbar mache, gleichzeitig aber auch Arbeitsplätze sichere, erklärte Altmaier dem Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Dazu gehöre es, dass bestimmte Branchen (wie die Metallindustrie) weiterhin Ausnahmeregelungen genießen - Rabatte bei der Ökoabgabe.

Hintergrund: In Deutschland wird der Ausbau von erneuerbarer Energie mit Milliardenbeträgen großzügig gefördert. Die Bürger zahlen das über einen Anteil am Strompreis. Große Industriezweige sind davon aber ausgenommen, ersparen sich fünf Milliarden Euro pro Jahr. Die Kommission sieht in bestimmten Maßnahmen die Verzerrung der Wettbewerbsregeln, weil dies EU-widrigen Beihilfen gleichkomme.

Verfahren angestrebt

Almunia strebt ein Verfahren an. Auf Deutschland könnten Strafzahlungen in Milliardenhöhe zukommen. Das soll durch den großkoalitionären Vorstoß aus Berlin abgewendet werden. Da die Koalitionsgespräche von CDU und SPD aber noch weit von einem Abschluss entfernt sind, stellt sich die Frage, wie glaubwürdig die Ankündigungen sind.

Ein anderer Zusammenhang ergibt sich in der Debatte, wie Energie in Europa generell billiger werden könnte, um die Wettbewerbsfähigkeit auf globalen Märkten zu stärken. Das haben die Regierungschefs beim EU-Gipfel im Juni als Ziel vorgegeben. Frankreich und Großbritannien drängen auf Förderung von Nuklearenergie, was bei vielen Staaten aber ein Tabu ist.

Altmaier kündigte an, dass seine Regierung das System der Energieförderung bzw. die Rabatte in Deutschland in den kommenden Jahren komplett umzustellen gedenke. Ausnahmen von der Ökostromabgabe dürfte es nur noch für besonders energieabhängige Betriebe geben. Von der Kommission erwartet er dafür "Respekt". Welche Branchen um die Befreiung von der "Umlage für erneuerbare Energie" (EEG-Umlage) umfallen werden, sagte Altmaier nicht. Es gäbe noch keine Entscheidungen. Von einer Milliarde Euro Rabattkürzung ist die Rede.

Rabatte nur im Notfall

Aber seine Partei und die SPD würden darüber Gespräche führen. Vor allem in der SPD gibt es erhebliche Bedenken gegen eine Aufhebung von Ökostromrabatten aus Sorge, dass zusätzliche Belastungen für die Betriebe zu Jobkürzungen führen werden.

Ob Almunia und die Kommission auf diesen Vorstoß eingehen, ist offen. Die EU-Zentralbehörde nimmt politische Absichtserklärungen in der Regel zur Kenntnis, muss ihr Handeln aber in der Regel an konkreten Gesetzesbeschlüssen orientieren. Es heißt, Almunia könnte bei einem Kompromiss Ausnahmen nur in Branchen akzeptieren, bei denen nötige Hilfen evident seien, etwa Stahl- und Aluminiumkonzerne.

Rausfallen aus der Förderung dürften aber Sektoren wie Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder der Kohlebergbau. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 8.11.2013)