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Platz eins unter den wichtigsten Forschern: Karl Marx.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz

London/Wien - War Jacques Derrida für die Philosophie einflussreicher als, sagen wir, Jean Piaget für die Erziehungswissenschaften? Oder Karl Marx für die Ökonomen und Historiker wichtiger als Albert Einstein für die Physik? Und wer war von allen der mit dem meisten Einfluss innerhalb der Wissenschaft?

Das sei doch unmöglich vergleichbar, werden die meisten einwenden. Denn die meisten solcher Rankings beruhen auf Zitierungen - und fallen je nach Disziplin unterschiedlich häufig aus: Ein durchschnittlicher Biochemiker erhält etwa weitaus mehr Zitierungen als ein durchschnittlicher Mathematiker.

Forscher der Universität Bloomington in Indiana haben sich nun eine Methode ausgedacht, mit der diese Unterschiede überwinden lassen. Ihr Ansatz beruht auf dem sogenannten h-Index, der vom Mathematiker Jorge Hirsch 2005 vorgestellt worden war und sowohl die Produktivität als auch die Zitierungen berücksichtigt. Demnach hätte ein Forscher einen Hirsch-Index von 20, der mindestens 20 Aufsätze mit je 20 Zitierungen (oder mehr) produziert.

Auf Basis des h-Index ließe sich auch schon eine Liste erstellen, die von Sigmund Freud (h-Index 282, also 282 Texte mit mehr als 282 Zitierungen) vor dem Physiker und String-Theoretiker Edward Witten (243) und dem Ernährungswissenschafter Walter Willett (220) angeführt wird.

Informationswissenschafter Filippo Menczer hat nun mit Kollegen die h-Indizes von 35.000 Forschern, die am öftesten bei Google Scholar gesucht wurden, fachinternen Vergleichen unterzogen. So ermittelten sie etwa, um wie viel der h-Index von Freud den durchschnittlichen h-Index in der Psychologie übertrifft - und machten das für alle anderen Fächer.

Auch in dieser neuen Rangliste schafften es Freud und Ed Witten unter die Top drei. Freuds h-Index ist fast 15-mal höher als der durchschnittliche Wert in der Psychologie. Dieser Wert, von den Forschern hs-Index genannt, beträgt bei Edward Witten fast 13.

Alle in den Schatten stellt allerdings Karl Marx in den Geschichtswissenschaften. Als Historiker kommt er auf einen hs-Index von 21,50, sprich: Sein h-Index ist mehr als 20-mal höher als der durchschnittliche h-Index.

Platz vier dieser Liste geht übrigens an Derrida (12,45) vor Jean Piaget (11,63), womit die eingangs gestellte Frage auch noch beantwortet wäre. (tasch/DER STANDARD, 8. 11. 2013)