Warschau - Das polnische Parlament hat sich am Freitag mehrheitlich gegen eine Volksabstimmung zur Schulreform der Regierung ausgesprochen und damit einen Antrag abgelehnt, der von über 800.000 Polen unterstützt wurde. Die Antragsteller wollten vor allem den Zwang zur Einschulung schon von Sechsjährigen verhindern. Bisher gilt die Schulpflicht in Polen erst ab sieben Jahren, Eltern können über eine frühere Einschulung selbst bestimmen.

Die Koalition gewann die Abstimmung mit zehn Stimmen Unterschied. "Das hat gezeigt, dass wir kein Problem mit der Parlamentsmehrheit haben", erklärte Ministerpräsident Tusk von der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) gegenüber Journalisten. Doch die Koalition verdankte ihren Erfolg der Unterstützung einiger Oppositionsabgeordneter. Tatsächlich könnte sie in der Folge ihre Mehrheit im Sejm verlieren. Denn zwei PSL-Parlamentarier stimmten für das Referendum und sollen nun aus der Fraktion ausgeschlossen werden, wie der Vize-PSL-Vorsitzende Zbigniew Wlodkowski erklärte. Damit würde die Regierung nur noch über 230 von 460 Sitzen verfügen.

Tusk betonte, als Vater und Großvater nehme er die Sorgen der Eltern über die Schulreform ernst. "Ich weiß, dass unsere Schulen nicht ideal sind, aber sie sind besser als manche das darstellen wollen", erklärte er. Die Initiatoren des Referendums hatten vorgebracht, die Schulen seien gar nicht auf die Aufnahme von Sechsjährigen vorbereitet. Nicht einmal die Sanitäranlagen seien für so junge Kinder entsprechend gestaltet, erklärte Tomasz Elbanowski, einer der Eltern, im Fernsehsender TVN24.

Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski von der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bezeichnete es als "empörend", dass demonstrierende Eltern während der Parlamentssitzung am Montag von Sicherheitskräften aus dem Saal entfernt wurden. Es habe sich um "grundlose Gewalt gegen Frauen" gehandelt, sagte Kaczynski. Dies zeuge von einer "ernsthaften Krise der Demokratie in unserem Land", so der Ex-Ministerpräsident. (APA, 8.11.2013)