In der Nacht auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen, wurden Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört, Juden und Jüdinnen verhaftet, verschleppt und getötet. Die NS-Propaganda sprach von der "Reichskristallnacht" und stellte die Geschehnisse als "spontane Vergeltungsmaßnahme" der Bevölkerung dar: Am 7. November hatte der 17-jährige Jude Herschel Grynszpan in Paris auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath geschossen, der später starb.

In Wirklichkeit waren es gesteuerte Ausschreitungen. Vielerorts zogen sie sich über mehrere Nächte hin. Wie etwa in Wien: 42 Synagogen und Gebetshäuser wurden zerstört, ebenso wie tausende Wohnungen und Geschäfte, so sie nicht schon davor "arisiert" worden waren. 6547 Wiener Juden und Jüdinnen wurden verhaftet, etwa 4000 ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Österreichweit wurden Juden ermordet, viele in den Selbstmord getrieben. Auch die Synagogen in Graz, Klagenfurt oder Baden wurden zerstört. Ein Bild der Vernichtung, das stellvertretend für das gesamte damalige NS-Deutschland steht.

Auf der Homepage des Parlaments wurde zum Gedenken eine Plattform "75 Jahre Novemberpogrom" angelegt - dort ist auch der Radiokommentar eines glühenden Nationalsozialisten zu finden. "Wir stehen mit unserem Mikrofon in dem großen Leopoldstädter Judentempel. Ihn heute noch so zu bezeichnen ist eigentlich etwas geschmeichelt. Denn die erbitterten, arischen Einwohner dieses Bezirkes haben nach dieser ruchlosen Tat von Paris es sich nicht nehmen lassen, um auch hier ihren abgrundtiefen Hass gegen das Judentum zu bezeugen", berichtete geifernd Radiojournalist Eldon Walli, der schon vor 1938 illegaler Nationalsozialist gewesen war. (DER STANDARD, 9.11.2013)