Christoph Schönborn zu Gast in der "ZiB 2": Zum Nachsehen hier auf tvthek.orf.at.

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Von Zeit zu Zeit lauscht man dem Kardinal gern. Christoph Schönborn ist gesegnet mit der Musikalität eines im kantablen Pianissimo elastisch reflektierenden Diplomaten, welchem die Bundesregierung getrost die Verkündigung aller budgetären Grausamkeiten überantworten könnte. Kein Gebrüll, kein Krächzen, nur samtig-trostvolle Vokalschwingungen. Und sie treffen nicht nur beim fragenden Gegenüber Bereiche abseits der Vernunft, was angenehm wirkt und Schönborn etwa den Vorteil beschert, sich mit lästigen Unterbrechungen nicht abplagen zu müssen.

Zudem ist er galaxienweit von jener katholischen Poesie entfernt, mit der sich manch Kardinalskollege schützt. Folglich kommt Schönborn – trotz Ausweichkünste – bei Antworten nie in Gefahr, als vom Himmel geplumpster Außerirdischer zu wirken, der Gläubigen Rätsel auferlegt. Bezüglich des vom Papst an die Gemeinden ausgeschickten Fragebogens wollte er zwar seine subjektiven Antworten nicht kundtun, schwärmte lieber vom Verhältnis Vatikan/Internet. Auch geriet er bei „Kirchenreichtum" vom Themenweg ab und erzählte von einem 1000 Jahre alten Bischofsgut, das zu "verwirtschaften" noch keinem Würdenträger gelungen sei.

Angenehm wars dennoch, und was sollte der Mann auch tun? Lou Lorenz-Dittlbacher schien nach dem Motto "Möge dein süßer Redefluss niemals enden" einen katholischen Homer nicht stören zu wollen.

Am Ende, als sie aus der Hypnose erwachte, entschlüpfte ihr zwar ein Satz ("Das war aber eine lange Antwort"). Der Kardinal jedoch adelte sein deutungsoffenes Interviewkunstwerk schmunzelnd auch noch mit einer Finalpointe, indem er nun knapp "viel zu lang" sagte. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 9./10.11.2013)