Wien - Die Bank Austria hat in der Causa um den US-Milliardenbetrüger Bernard Madoff in einem langjährigen Streitpunkt einen juristischen Erfolg errungen. Das Institut haftet nicht für die Verluste des von ihr vertriebenen Primeo-Fonds, dessen Gelder im Madoff'schen Schneeballsystem versickerten. Laut einem Urteil des Obersten Gerichtshof (OGH) hat die Bank Austria ihre Prospektpflichten nämlich nicht verletzt, berichteten "Presse" und "WirtschaftsBlatt" am Freitag.

Geschädigte Anleger hatten die Bank Austria mit Klagen eingedeckt. Der Vorwurf: Die Angaben in den Prospekten seien unvollständig gewesen, es sei nicht klar gewesen, dass die "Primeo"-Gelder alle bei Madoff landeten. Damit blitzten sie beim Höchstgericht ab: Den von der Bank Austria geprüften Prospekten sei "mit hinreichender Deutlichkeit" zu entnehmen gewesen, dass die veranlagten Gelder in den Hände eines einzelnen Managers zusammenlaufen und dass dieser die Verfügungsgewalt darüber hatte.

Wobei der Prospektkontrollor gar nicht grundsätzlich für jede Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben haftet, sondern nur für eine unvollständige oder unrichtige Kontrolle, wie der OGH feststellt.

Zum Thema Beratungsmängel äußerte sich das Höchstgericht nicht. Damit müssten sich die Gerichte in jedem Einzelfall auseinandersetzen. Nun dürften zahlreiche weitere Anlegerverfahren zu möglichen Beratungsfehlern wieder aufgenommen werden. Diese waren bis zur Entscheidung des OGH über eine allfällige Prospekthaftung ruhend gestellt worden.

"Das ist eine richtungsweisende OGH-Entscheidung, die bestätigt, dass die Emissionsprospekte richtig und vollständig waren und dass die Bank Austria ihre Verpflichtungen als Prospektkontrollor sorgfaltsgemäß erfüllt hat", sagte Bank-Austria-Sprecher Martin Halama der APA am Freitag.

Verbindung AVZ-Stiftung und Madoff

Der FPÖ-Politiker Johann Gudenus nahm das Urteil indes zum Anlass, um eine angebliche Connection zwischen der der Stadt Wien nahestehenden AVZ-Stiftung und Madoff erneut aufs Tapet zu bringen. Bereits im heurigen Nationalratswahlkampf hatte die FPÖ die Verluste der "Anteilsverwaltung Zentralsparkasse" - in dieser hat die Stadt Wien ihre Anteile an der Bank-Austria-Mutter UniCredit geparkt - zum (roten) Politskandal erklärt.

Der Gerichtsentscheid sei ein "Pyrrhussieg der Bank-Austria. Die eigentliche Frage müsste nämlich lauten: Seit wann wussten die wesentlichen Proponenten der Bank Austria, dass das Geschäft des Bernard L. Madoff zumindest viele Fragen offen lässt?", echauffierte sich der blaue Wiener Klubchef heute in einer Aussendung.

Die AVZ hielt 25 Prozent an der Bank-Austria-Tochter LB Holding GmbH, die wiederum hundertprozentige Aktionärin des Primeo Fund sowie der Offshore-Gesellschaft Bank Austria Worldwide Fund Management (BAWFM) war. Das geht aus einem Revisionsbericht der Bank Austria aus dem Jahr 2001 hervor, den die FPÖ in Wege einer parlamentarischen Anfrage im September der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.

Die Bank Austria hatte diese Darstellung in ihren eigenen Berichten bereits heuer im Herbst als falsch zurückgewiesen. Man könne heute nicht mehr sagen, wie es dazu gekommen sei, die AVZ sei nie direkt an der Wiener LB Holding beteiligt gewesen, so die Bank in einer Stellungnahme gegenüber dem "profil". Im Revisionsbericht aus dem Jahr 2003 wird statt der AVZ die A&B Holding als 25-Prozent-Eignerin der LB Holding angeführt. Die A&B gehörte ebenfalls zur AVZ.

FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein: "Die BAWFM war Vertriebspartner von Madoff. Die haben den Primeo-Fonds aktiv vertrieben, später auch den Herald-Fonds."

Aus einem weiteren Revisionsbericht aus dem Jahr 2003 ergebe sich nun der "dringende Verdacht", dass die Bank Austria seit dem Jahr 2000 gewusst habe, "dass hier Insiderhandel betrieben wird", so der FPÖ-Politiker zur APA.

In dem Revisionsbericht wird zur vertraglichen Situation mit der Madoff-Gesellschaft Bernard L. Madoff Investment Securities LLC (BMIS) Folgendes festgehalten: "Die Entscheidung, Madoff als Manager einzusetzen, wurde 1996 von der Primeo Fund Ltd. getroffen. Eine schriftliche Vereinbarung mit Madoff über dessen Aktivitäten gibt es bis dato nicht. Über die Zusammenarbeit mit Madoff existiert seitens der BAWFM lediglich ein internes Gesprächsprotokoll im Zusammenhang mit einigen Besuchen bei der Firma Madoff in New York."

Dieses Gesprächsprotokoll - es ist nicht Teil der Anfrage, liegt jedoch der APA vor - dokumentiert Besuche eines Bank-Austria-Managers bei Madoff in den USA in den Jahren 1998, 1999 und 2000. Anwesend waren Bernard Madoff, sein verstorbener Sohn Mark (er nahm sich zwei Jahre nach Auffliegen des väterlichen Schneeballsystems das Leben) sowie der frühere (geständige) Madoff-Finanzchef Frank DiPascali.

DiPascali machte dort eine bemerkenswerte Aussage, die im Nachhinein darauf schließen lassen könnte, dass die Madoff-Firma BMIS Frontrunning betrieb: BMIS gebe nicht vor, die zukünftige Marktentwicklung vorhersagen zu können - "vielleicht können wir nur die nächsten 10 oder 15 Minuten vorhersehen, aber wir beobachten stets den Markt. Wenn wir einen Auftrag bekommen, ein großes Aktienpaket zu kaufen, das momentan bei 40 Dollar notiert und das Limit 44 Dollar beträgt, kann es nicht falsch sein, dieselben Aktien für 41 oder 42 Dollar für unser eigenes Portfolio zu kaufen."

"Man wusste, wie gearbeitet wird und hat trotzdem weitergemacht", behauptet Jenewein. Bank-Austria-Sprecher Halama wollte diesen Vorwurf nicht kommentieren, "weil wir uns damit vor Gericht auseinandersetzen".

Für die FPÖ ist jedenfalls der Verdacht, dass die Wiener "AVZ Gelder bei Madoff versenkt hat, so lange nicht vom Tisch, solange die AVZ nicht offenlegt, das in den letzten zehn Jahren mit der Beteiligung passiert ist", so Jenewein. Die UniCredit-Aktie hat in der Zeit massiv an Wert verloren. (APA, 8.11.2013)