Die österreichischen Sparer können sich ihrer vielen Freunde gar nicht mehr erwehren, seit die Europäische Zentralbank (EZB) entschieden hat, die Leitzinsen im Euroraum auf 0,25 Prozent zu halbieren. Die Aktion sei eine "kalte Enteignung" der Sparer, sagte Michael Ikrath, Generalsekretär des Sparkassenverbandes, der Chefanalyst der Raiffeisen Bank International setzte den Schritt mit der Einführung einer Vermögenssteuer gleich, FPÖ und Team Stronach argumentieren ähnlich.
Inhaltlich fundiert ist diese Angstmache nicht. Die EZB senkt die Zinsen primär, um die Wirtschaft anzukurbeln. Für Unternehmen und Bürger sollen Kredite billiger werden, damit sie investieren und konsumieren. Das ist angesichts der flauen Konjunktur in Europa sinnvoll. Kein Sparer hat etwas von satten Bankzinsen, wenn er arbeitslos wird, weil die Krise in voller Wucht zurückkehrt. Nur wenn die Wirtschaft wächst, steigen Einkommen und Ersparnisse.
Auch von einer Vermögenssteuer oder Enteignung zu sprechen ist verfehlt. Denn erstens muss niemand sein Geld bei der Bank lassen, und zweitens bedeuten niedrigere Zinsen keine Geldentwertung. Das besorgt die Inflation - und diese ist derzeit weit unter dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre und weit unter den EZB-Zielen. Eine Frage muss sich Herr Ikrath zudem gefallen lassen: Wer zwingt die Banken dazu, die Zinssenkung 1:1 an die Kunden weiterzugeben, war da nicht irgendetwas mit Wettbewerb? (András Szigetvari, DER STANDARD, 11.11.2013)