Andrea Ludwig vom Klagsverband berät Betroffene bei Einlassverweigerung.

Foto: Klagsverband

Dem Linzer Club ist Nationalität, Religion und Hautfarbe nach eigenen Angaben "egal".

Foto: Screenshot
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Parfümiert, schick angezogen und in Feierlaune machten sich Herr C. und seine Freunde an einem vorweihnachtlichen Abend vor fast zwei Jahren auf den Weg in einen Linzer Club. Doch vor den Türen der Disco kam dann der Schock. "Ich war schon fast drinnen, da hat der Türsteher auf meinen Rücken geklopft und nach meinem Ausweis gefragt." Daraufhin habe der heute 32-Jährige gefragt, ob er denn wie 17 aussehe. Der Türsteher meinte daraufhin nur: "Ich darf keine Dunkelhäutigen reinlassen." Herr C. war geschockt. Er fragte nach. "Ich darf keine Ausländer reinlassen", wiederholte er. Herr C. fasste einen schnellen Entschluss. Er ging zu zwei Polizeibeamten, die in der Nähe standen, und erstattete Anzeige wegen Diskriminierung. "Am selben Abend ist das gleich mehreren Leuten passiert", weiß er. Für Herr C. war klar: "In dieses Lokal gehe ich nicht mehr."

"Es war demütigend"

Jährlich werden bei Zara, dem Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, dutzende Fälle von rassistischer Einlassverweigerung gemeldet. Nur die wenigsten Betroffenen wagen aber den Schritt vor Gericht. "Man braucht Ausdauer und einen langen Atem", sagt auch Herr C. "Zwei Jahre lang hat das ganze Prozedere gedauert." Nach dem Vorfall ließ er sich beraten, ging zur Gleichbehandlungskommission und später mithilfe des Klagsverbands zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern vor Gericht. Ende September 2013 war das Urteil dann rechtskräftig: Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und 1000 Euro Schadenersatz. Auf der Website des Linzer Clubs wurde daraufhin ein Hinweis zum entsprechenden Paragrafen im Gleichbehandlungsgesetz veröffentlicht (siehe Screenshot). "Das ist alles zu wenig", sagt Herr C. heute. "Wer kann ermessen, wie es mir damals gegangen ist? Es war demütigend."

Seit seinem zehnten Lebensjahr lebt der studierte Betriebswirt in Österreich. Nicht zum ersten Mal wurde er mit Einlassverweigerung konfrontiert. "Auf Drängen der Freunde bin ich dann trotzdem immer hineingekommen. Aber es war immer ärgerlich." Die häufigste Ausrede der Türsteher ist: "Heute nur für Stammgäste." Oft werde er nach seinem Ausweis gefragt. "Dann sehen sie meinen türkischen Namen, und es ist aus." Damals fand er sich damit ab, beim letzten Vorfall habe es ihm aber gereicht: "Das Fass war voll."

"Du sicher nicht"

Das erste Urteil wegen rassistischer Einlassverweigerung in Österreich gab es 2010. 1440 Euro Schadenersatz erhielt damals ein junger Mann, der in eine St. Pöltner Disco nicht hineingelassen wurde. Von 2007 bis 2012 hat der Klagsverband neun Personen wegen rassistischer Einlassverweigerung vor Gericht vertreten.

Herr K. gehörte zu den Ersten, die wegen diskriminierender Türpolitik geklagt haben. Er wollte mit seiner Freundin eine Geburtstagsfeier in einem Pub auf der Laxenburger Straße im zehnten Wiener Gemeindebezirk besuchen. "Du sicher nicht", hieß es dann vor der Tür, nachdem die anderen problemlos hineingekommen waren. "Er gehört auch dazu", sagte die Freundin von Herr K. "Ich will nicht darüber diskutieren", war die Antwort des Türstehers. Herr K. war überrascht. "Ich dachte mir: Das kann nicht wahr sein – alle anderen sind hineingekommen, nur ich nicht." Das Geburtstagskind kam vor die Tür und versuchte zu diskutieren: "Ich habe für 35 Personen reserviert. Warum dürfen nur 34 hinein?" Schließlich wurde auch der Geschäftsführer hinzugezogen, der eine "Ausnahme" machen wollte – mit dem Hinweis, beim nächsten Mal gleich bei der Reservierung anzugeben, wenn "Ausländer" dabei seien. Der Türsteher fragte daraufhin seinen Chef, ob er denn den "Hund" meine, und blickte in Richtung von Herr K.

"Zufällig waren alle anderen weiß und ich der einzige Schwarze. Das hat wehgetan." Trotzdem ist Herr K. ruhig geblieben. "Ich wusste, es bringt nichts, wenn ich mich aufrege und anfange zu streiten." Im Nachhinein erwies sich das als richtige Taktik. Daniela Almer vom Klagsverband rät Betroffenen, ruhig zu bleiben: "Sonst heißt es vor Gericht, man sei aggressiv geworden." Wichtig ist es auch, auf Zeugen zu achten.

Herr K. ging vor Gericht, nachdem zuvor die Gleichbehandlungskommission eine Diskriminierung festgestellt hatte. 2010 wurde diese in erster Instanz bestätigt und der Lokalbetreiber zu 1000 Euro Schadenersatz verpflichtet. Dieser legte Berufung ein – ohne Erfolg. Die Betreiberfirma wollte dann trotzdem nicht zahlen, daher gab es zusätzlich ein Exekutionsverfahren.

Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot

Paragraf 31 des Gleichbehandlungsgesetzes sieht vor, dass "beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen", niemand aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert werden darf. Im Urteil von Herrn K. wurde außerdem eine Verletzung der Menschenwürde festgestellt. "Das war für uns sehr positiv, dass das einmal klar irgendwo steht", sagt Daniela Almer vom Klagsverband. Im Gesetz heißt es außerdem, der Schadenersatz solle "abschreckend und angemessen" sein. "1000 Euro sind ziemlich die Obergrenze an Schadenersatz, die man bekommen kann. Für ein großes Lokal ist das nichts", sagt Almer. Dementsprechend wenige Folgen hätten die Urteile daher auch. "Es müssen Beträge sein, die wehtun."

Dass dieser Betrag tatsächlich wenig abschreckend war, zeigte kurz darauf ein neuer Fall. Dasselbe Lokal wurde noch einmal verklagt. Die Entschädigung betrug bei der betroffenen Frau aber trotz des vorigen Urteils nur 250 Euro. Pikantes Detail: Bereits zweimal fand in ebendiesem Lokal die Neujahrsfeier des Rings Freiheitlicher Jugend Favoriten statt.

"Dieses Lokal ist nur für Weiße"

"Wenn der Besitzer eine bestimmte Türpolitik vorgibt, dann müssen die Türsteher diese befolgen, sonst werden sie gefeuert", glaubt Herr K. Er will die Schuld an solchen Vorfällen nicht den Türstehern geben. 2003 kam er nach Wien, vorher lebte der 30-Jährige in Nigeria. Vor diesem Vorfall hörte er oft: "Es ist voll" oder: "Die Kleidung passt nicht." Er weiß: "Egal welcher Türsteher dort steht – es wird so bleiben. Sie sollten gleich auf die Tür schreiben: Dieses Lokal ist nur für Weiße."

Betroffene können sich aber direkt vor Ort wehren, weiß Andrea Ludwig, Leiterin der Rechtsdurchsetzung beim Klagsverband. Man habe zwar nicht das Recht, einen Ausweis vom Türsteher zu verlangen, man könne aber die Polizei rufen und Anzeige erstatten. "Leider nehmen sie diese nicht immer auf – obwohl sie dazu verpflichtet sind", weiß Ludwig. Als Herr C. an jenem Abend Anzeige erstattete, verlangte er die Dienstnummer des Beamten. "Für den Fall, dass es irgendwie untergeht", sagt er heute.

Türsteher dürften den Ausweis wegen des Alters kontrollieren, so Ludwig. "Das wird aber oft vorgeschoben, weil bei vielen offensichtlich ist, dass sie älter sind." Wenn man dann diskutiert und laut wird, würden sie das Hausrecht herauskramen und die Einlassverweigerung mit aggressivem Verhalten begründen.

Die Juristin begleitet die zivilrechtlichen Prozesse. "Am Anfang haben wir noch gedacht, dass sich mit den ersten Fällen, wie jenem von Herrn K., wirklich was tut. Leider ist dem nicht so. Es kommen immer mehr Meldungen rein." Derzeit begleitet sie elf offene Einzelverfahren, die noch nicht rechtskräftig entschieden sind. Ein aktueller Fall betrifft gleich eine ganze Gruppe. Weil bei drei Personen der Gruppe ein Migrationshintergrund vermutet wurde, wurde die gesamte Gruppe nicht hineingelassen. Zwei Frauen wurden sogar des Lokals verwiesen, weil sie dazugehörten. "Alle Personen dieser Gruppe klagen jetzt einzeln", sagt Ludwig.

Illegale Türpraktiken

Nur wenige solcher Fälle werden öffentlich. "Wichtig ist, dass die betroffenen Personen wissen, dass sie Rechte haben und sich das nicht gefallen lassen müssen. Auch wenn man sich nicht vor Gericht traut, sollte man sich zumindest an eine Beratungsstelle wenden und den Fall dokumentieren", so Daniela Almer vom Klagsverband. "Viele Türsteher wissen auch nicht, dass das, was sie auf Anweisung ihrer Chefs machen, illegal ist." Sie fordert Schulungen der Angestellten und eine offene Diskussion unter den Lokalbesitzern.

"Das passiert sicher jeden Tag, und die Betroffenen wissen nicht, dass und wie sie sich dagegen wehren können", sagt der betroffene Herr K. Er macht sich auch heute jedes Mal Gedanken, bevor er in einen Club hineingeht. "Alleine ist es immer schwer. Du musst immer Angst haben, abgewiesen zu werden." Das hat zur Folge, dass er meistens in dieselben Lokale geht, weil er die Türsteher schon kennt. Sein Wunsch: "Wir sind alle gleich. Jeder soll die Freiheit haben, überall hinzugehen."

Herr C. fordert zusätzlich eine Beschleunigung der Verfahren. Dass es rassistische Einlassverweigerung gibt, sei vor allem ein gesellschaftliches Problem, meint er. "Da sollte man nicht nur den Geschäftsführer fragen, sondern grundsätzlich alle Österreicher. Fühlen sie sich unwohl, wenn Personen mit Migrationshintergrund im gleichen Lokal sitzen?" Einer der Zeugen in seinem Prozess – ein DJ – habe bestätigt, dass "Quotenregeln" in Diskotheken üblich seien. Ab einer gewissen Anzahl dürften bestimmte Leute nicht mehr hinein. Herr C. erinnert das nur an längst vergangene Zeiten: "Man kann einen Menschen nicht nach seinem Äußeren und seinem Namen pauschal verurteilen. Aber genau das machen sie, immer wieder." (Jelena Gučanin, 13.11.2013, daStandard.at)