Die beiden Geistlichen (Bildmitte) besuchten in Wien die Zwi Perez Chajes-Schule. Der Wiener Diplom-Pädagoge Moussa Diaw (li.) wird die "Foundation for ethnic understanding" in Österreich vertreten. Samia Hathroubi (ganz rechts) repräsentiert die Stiftung in Frankreich und Milli Segal (2.v.r) ist von der Israelitischen Kultusgemeinde.

Foto: Rusen Timur Aksak

Wien - "Der Holocaust ist keine jüdische Sache", sagt Shams Ali, der New Yorker Imam mit indonesischen Wurzeln. Freimütig erzählt er von seinen eigenen Vorurteilen Juden gegenüber, die er noch vor wenigen Jahren hatte. Heute bemängelt der Imam des einflussreichen "Jamaica Muslim Center" (JMC) in New York das fehlende Wissen vieler Muslime in Bezug auf die jüdische Religion und den Holocaust.

Insbesondere das Problem der Holocaust-Leugnung, ist dem Imam ein Dorn im Auge. Die Unwissenheit vieler Muslime verhindere Empathie für das Leid der Juden und verhindere oftmals ein grundlegendes Auskommen zwischen Juden und Muslimen.

Rabbiner Marc Schneier ist der Sohn Rabbiner Arthur Schneiers, der in Wien geboren wurde und den Holocaust überlebt hat. Marc Schneier gehört zu den einflussreichsten amerikanischen Rabbinern und gründete 1990 die "Foundation of ethnic understanding". Und auch er spricht offen darüber, dass er früher Vorbehalte Muslimen gegenüber hatte. Aber die Islamfeindlichkeit, die nach den Anschlägen vom 11. September hochgekommen sei, habe ihn ihm den Wunsch entfacht, auf die Muslime zuzugehen. 

"Politisiches Problem" Palästina-Konflikt

"Der Palästina-Konflikt ist ein politisches Problem, kein religiöses", hält Schneier fest. Es sei unnatürlich, dass sich diese zwei Religionen so nah seien, aber praktisch kaum in direkten Kontakt treten. Er führt dabei die Beschneidungsdebatte an, bei der Muslime und Juden gemeinsam viel mehr bewirken könnten, als jeweils für sich allein. "Im Grunde führen wir einen theologischen Friedensprozess", resümiert Schneier, während Shams Ali zustimmend nickt.

Die beiden Herren aus den Vereinigten Staaten wurden von Fuat Sanac, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ), zum Abendessen eingeladen und scheinen mit den Gesprächen überaus zufrieden. Sanac sei ihrer Initiative gegenüber sehr interessiert und neugierig gewesen. Am meisten freut sich Schneier aber über die Zusage Sanac', die IGGIÖ werde bei der Ausbildung ihres Personals in Zukunft die Themen Holocaust und Antisemitismus stärker thematisieren. Die beiden Geistlichen aus New York wollen in Zukunft wieder nach Wien kommen und sehen, wie weit die IGGIÖ bei der Sensibilisierung der Muslime in Österreich gekommen ist. (Rusen Timur Aksak, daStandard.at, 11.11.2013)