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Auch im Herbst stehen die Engelstrompeten noch fett im Laub und blühen reichlich.

Foto: apa/Horst Ossinger

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Foto: Rione Magnusson für Johnér Images / Corbis

Endlich November, die Pflanzen atmen auf. Sie brauchen nicht mehr auf schön zu machen, müssen nicht mehr performen. Was sie jetzt noch zeigen, machen sie von sich aus, ist quasi ihre Kür zur sommerlichen Pflicht. Die Ziergräser zum Beispiel tragen verblühte Blütenstände wie die Mohikaner ihre Irokesen, stets wogend im Wind, selbst Stürmen trotzend.

Die Funkien geben zur Draufgabe eine Farbenpracht, nein, einen Farbenrausch zu bewundern, als gäbe es nichts Schöneres für sie, als im Herbst die eigenen Blätter welken und sterben zu sehen. Wie lodernde Lagerfeuer glühen das Gelb und Orange der welkenden Funkien in den meist düsteren Gartenwinkeln. Mit ein Grund, im kommenden Frühjahr wohl noch ein paar Funkien mehr zu adoptieren und zu pflegen.

Goldene Stunde im Nebel

Und weil wir gerade dabei sind: Selbst die schnöde Felsenbirne, die sonst eher durch Zurückhaltung auffällt, macht ihrem Namen im Herbst alle Ehre. Sie hört auf die komplizierte Bezeichnung Amelanchier x grandiflora Autumn Brilliance - wobei das auffällige "x" für eine Kreuzung steht - und protzt derzeit mit lachsrosanem Leuchten (und orangen Funkelelementen), wie es sonst nur die Fassaden im römischen Ghetto zu Sonnenuntergang zeigen. Ausgeschlafene Gartengestalter empfehlen daher für die Zeit des Nebels: Felsenbirne und Funkie in lockerer Gesellschaft pflanzen, aber so verteilen, dass sie von drinnen auch gut sichtbar sind. Und weil von Nebel die Rede war: Da gibt es doch tatsächlich Pflanzen, die mögen den.

Sie kommen meist von den Anden, den Amazonas-Bergen oder aus dem Dickicht des Kongo. Und für diese - aus hiesiger Sicht - Exoten ist Nebel eine zarte Erinnerung an ihre Herkunft. Sie baden genussvoll in Feinzerstäubtem und atmen hörbar durch, wenn sich die Blattöffnungen zwecks Gasaustauschs und Trunksucht weit öffnen und gierig die Feuchtigkeit aufsaugen.

Zu früh abgeworfen

Es ist ja ein besonderer Genuss für Pfleger ganzjährig blühender Exoten zu sehen, wie die heimischen Kastanien und Ahorne schon während der ersten kühleren Tage begonnen hatten, ihr Laub abzuwerfen. Mittlerweile komplett kahl, stehen diese Bäume bei herbstlichen 24 Grad Celsius in ihren hundebekoteten Alleen im milden Herbstlicht und fragen sich, ob sie sich da nicht doch etwas verschätzt hätten.

Haben sie, sagt der Exotenfreund, und sieht die wie zu Fleiß blühenden, fett im Laub stehenden Engelstrompeten vor der tristen Gehölzkulisse der Entlaubten bunt brillieren und tolldreist weiterwuchern. Kühle und Nebel ist für viele Exoten die Zeit des Durchatmens und Aufblühens. Deren Farben und die entzückenden Lichtspiele der gerade Sterbenden geben dem nebligen Novembergarten, so kein Schnee liegt, den wohlverdienten Abschlussapplaus. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 15.11.2013)