Allein im Wiener Gesundheits- und Spitalswesen findet Ökonom Ulrich Schuh von Eco Austria ein jährliches Einsparungspotenzial von fast 680 Millionen Euro.

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Wien - 289 Millionen Euro. So viel Neuverschuldung hat sich die Wiener Stadtregierung im Haushaltsjahr 2014 zum Ziel gesetzt. Der Budgetvoranschlag wird kommende Woche im Gemeinderat mit den Stimmen von SP und Grüne durchgewunken. Schon jetzt sitzt die Stadt auf einem Rekordschuldenberg, der Ende dieses Jahres 4,57 Milliarden Euro betragen wird - das ist dreimal so viel als noch vor den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 2008. Vor einem Wiener Finanzdebakel hatte schon 2009 der Rechnungshof gewarnt.

Dabei werden für 2014 vor allem dank zusätzlicher Gelder aus der Parkraumbewirtschaftung (173 Millionen Euro) Rekordeinnahmen von erstmals zwölf Milliarden Euro erwartet. Dennoch bleibt unter dem Strich ein Minus von 289 Millionen Euro stehen, die Stadt verweist vor allem auf Investitionen in den Wohnbau, in Kinderbetreuungsplätze sowie in das Gesundheits- und Spitalwesen. VP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka fordert, das Wiener Budget ausgabenseitig zu konsolidieren. "Die Politik soll endlich so agieren, als wäre es ihr eigenes Geld." Die Stadt peilt ab 2016 ein Nulldefizit an, so ist es im innerösterreichischen Stabilitätspakt vorgesehen.

Geht es nach Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh, könnte die Stadt dieses ambitionierte Ziel allein mit effizienter Finanzgebarung schon jetzt erreichen. Der wissenschaftliche Leiter des von der Industriellenvereinigung finanzierten Instituts Eco Austria hat für die VP den Stadthaushalt unter die Lupe genommen: Alleine in den Bereichen Verwaltung, Gesundheits- und Spitalswesen sowie Pflege ließe sich ein jährliches Einsparungspotenzial von 1,1 Milliarden Euro finden. "Und dafür müssten keine Leistungen zurückgeschraubt werden", sagte der Ökonom.

Verglichen hat Schuh die Pro-Kopf-Ausgaben von Wien mit denen der übrigen Bundesländer und Gemeinden. Reduziert Wien etwa in der Verwaltung die Kosten auf den Mittelwert der Bundesländer, ließen sich 200 Millionen Euro einsparen. Denn Wien gab 2011 pro Wiener 1100 Euro an Verwaltungskosten aus, die restlichen Bundesländer und Gemeinden kamen durchschnittlich mit 983 Euro aus.

Im Gesundheits- und Spitalswesen könnten mit schlankeren Strukturen fast 680 Millionen gespart werden. "Und da ist man von superambitionierten Zielen weit entfernt", sagt Schuh. "Die Bundesländer gelten nicht gerade als Horte von Sparsamkeit." Für Leistungen in diesem Bereich würde die öffentliche Hand in Wien zu viel zahlen, sagte Schuh mit Blick auf die schon angelaufene Spitalsreform. "Das ist, wie wenn jemand einen VW Golf fährt, aber für einen Mercedes S-Klasse bezahlt." Für einen Pflegeplatz muss die Stadt mit Bruttokosten von rund 6000 Euro rechnen. In Salzburg kostet ein Pflegeplatz durchschnittlich 1546 Euro, in Tirol 2000 Euro. Schafft Wien die Angleichung an den Mittelwert, würden sich die Ausgaben um 223 Millionen Euro verringern.

Die Wiener Linien hat Schuh noch nicht in seine Rechnung genommen. Aber auch hier sieht er Sparpotenzial. "Wien setzt unverhältnismäßig viel Personal ein", sagt Schuh, der das Wiener Verkehrsmodell mit München verglichen hat. Während der laufende Betrieb laut Schuh in München kostendeckend funktioniert, erwirtschafteten die Wiener Linien 2012 einen Fehlbetrag von 110 Millionen Euro. Dazu bekamen sie einen Betriebskostenzuschuss von etwa 280 Millionen Euro.

Schuh legt der Stadt ein transparentes Rechnungswesen nahe, sowohl bei den Verpflichtungen als auch bei den Vermögenswerten. "Da wird auch sehr viel Vermögen versteckt. Das ist ein undurchsichtiger Dschungel." (David Krutzler, DER STANDARD, 12.11.2013)