Helmut Brandstätter (58) vermutet, dass die ORF-Führung lanciert, er wolle ORF-General werden. Dort würden sich "manche fürchten", sagt der Kurier-Herausgeber der APA und sieht das offenbar berechtigt: "Wenn es nicht einmal gelingt, einen ZiB-Sprecher ohne öffentliches Getöse auszutauschen, dann kann es schon sein, das man an den Managementfähigkeiten von solchen Leuten zweifelt." Aber: Sein Name passe nicht zu den Spekulationen. Und 2019, nach dem Kurier-Vertrag? "Ich fühle mich pumperlgesund, aber was weiß ich, was 2019 ist." Wieder "ins Ausland zu gehen ist wahrscheinlich die spannendere Option".

"Kurier"-Chefredakteur Helmut Brandstätter im APA-Interview zur Finanzierung von Journalismus: Ich sehe den Weg der Finanzierung des Journalismus über neue Internet-Angebote und E-Paper-Modelle. Einfach nur eine Paywall einzurichten wird keinen Sinn haben, die Leser über Print zu unseren digitalen Angeboten zu führen – da sehe ich eine gute Chance.

Brandstätter zur aktuellen Presseförderung: Ich bekenne mich zur Presseförderung. Die Presseförderung ist gleichzeitig mit Parteienförderung eingeführt worden, und die Parteienförderung ist seit damals massiv gestiegen, während die Presseförderung gekürzt wurde. Wenn Parteien Förderungen bekommen, sollten diejenigen, die die Parteien kontrollieren müssen, auch Förderung erhalten. Der momentane Verteilungsschlüssel ist jedenfalls absurd. Es sollte mehr in Richtung Qualitätsförderung gehen. Und die Presseförderung sollte an Kollektivvertrag und Mitgliedschaft im Presserat geknüpft werden.

Brandstätter zur Zusammenführung von Print und Online: Wir haben alle großen Ressorts zusammengeführt, das ist weitestgehend abgeschlossen. Und auch die Mauern in den Köpfen sind weitestgehend weg. Ich hoffe, dass wir in zwei Jahren nicht mehr überlegen, ob einer von Print oder Online gekommen ist. Die Übersiedelung erfolgt im zweiten Quartal 2014. Der Newsroom ist fertig geplant, wir sind de facto in der Umsetzung.

Brandstätter zu den ORF-Spekulationen: Ich habe hier beim "Kurier" einen längerfristigen Vertrag, den ich wegen der spannenden Herausforderungen hier, in Print und Online, sehr bewusst unterschrieben habe. Ich habe mich als spätberufener Printjournalist bestens eingelebt und fühle mich sauwohl. Deshalb ist das mein Platz hier.

Brandstätter zum Parteieneinfluss im ORF: Ich habe 2006 ganz bewusst als unabhängiger Kandidat gegen zwei Parteikandidaten kandidiert. Monika Lindner war die Kandidatin der ÖVP, und Alexander Wrabetz war der Kandidat der SPÖ. Und ich fand es immer schon widerlich, wie sich die Parteien den ORF unterordnen wollen. Ich habe Lindner damals kritisiert, weil offensichtlich war, wie sehr sie sich der schwarz-blauen Regierung ausgeliefert hat, und ich fand es auch nicht gerechtfertigt, wie auf der anderen Seite Wahlkapitulationen und Personalabsprachen vereinbart wurden. Dieser Job hätte mich nur unter einer Voraussetzung interessiert, nämlich unabhängig arbeiten zu können. Das war damals nicht der Fall, das habe ich zur Kenntnis genommen und meine eigene Firma gegründet. Ich habe also schon einmal öffentlich gemacht, dass ich nicht zu irgendwelchen parteipolitischen Kompromissen bereit bin, die im ORF leider notwendig sind. In Wirklichkeit ist das das große Thema: Gibt es irgendwann noch einmal die Chance, den ORF aus den Klauen der Parteipolitik herauszubringen.

Brandstätter zur aktuellen ORF-Führung: Vielleicht sollte sich die aktuelle Führung Folgendes überlegen: wenn es nicht einmal gelingt, einen ZiB-Sprecher ohne öffentliches Getöse auszutauschen, dann kann es schon sein, dass man an den Managementfähigkeiten von solchen Leuten zweifelt.

Brandstätter zu seiner Rolle als ORF-Kritiker: Wenn jemand so viel Geld kriegt, ist es legitim zu schauen, ob es auch richtig eingesetzt wird. Die Zeitungen stellen sich seit Jahren der Frage, wie können wir günstiger produzieren. Keiner von uns ist deshalb jammern gegangen, ist erpressen gegangen oder hat sogenannte Geisellisten gemacht. Wir haben einfach unsere Hausaufgaben erledigt. Im ORF herrscht immer noch ein rückwärtsgewandtes Monopol-Denken. Und die andere Frage ist, ob der ORF noch ein öffentlich-rechtliches Unternehmen ist. ORF eins ist es meiner Meinung nach nicht. Der ORF tut nicht gut daran, sich selbst nach und nach zu privatisieren, weil dann der Ruf nach einer echten Privatisierung nur lauter wird. (APA, 12.11.2013)