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Arinç (65) will Entschuldigung.

Foto: REUTERS/Umit Bektas

 Abdullah Gül hat versucht, die Situation zu retten: "Schaut, sie machen euretwegen Fotos", witzelte er angesichts der Fotografen, die Tayyip Erdogan und Bülent Arinç ins Visier nahmen - den Premier und dessen Stellvertreter, die bei den Atatürk-Feiern am Sonntag wie Ölgötzen neben Gül, dem stets versöhnlich gestimmten türkischen Präsidenten, saßen. Doch Erdogan und Arinç sprachen kein Wort miteinander. Und zur wöchentlichen Ansprache des Premiers an die Parlamentsfraktion am Dienstag kam Arinç erst gar nicht.

"Ich bin nicht nur Minister", beklagte sich Arinç vergangene Woche in einem Interview mit dem öffentlichen Fernsehen: "Ich stehe für die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft der Partei." Er könne nicht einfach verschlissen und übersehen werden, wenn jeder auf ihn sehe, sagte Arinç, der auch Sprecher der türkischen Regierung ist. Erdogan hatte seinen Parteifreund vergangene Woche öffentlich bloßgestellt. Während Arinç versucht hatte, die Entrüstung über Erdogans Äußerung über Studentenwohnungen und das unerwünschte Zusammenleben von Frauen und Männern auf verzerrte Medienberichte zu schieben, bekräftigte Erdogan, er habe genau das gemeint.

Es ist nicht das erste Mal, dass Bülent Arinç, Gründungsmitglied der konservativ-muslimischen Regierungspartei AKP und früherer Parlamentspräsident, Streit mit Erdogan hat. Zum ersten Mal in elf Regierungsjahren wird ein Konflikt jedoch öffentlich.

Arinç hatte sich in den ersten Tagen der Gezi-Proteste vergangenen Sommer im Namen der Regierung für die Gewaltexzesse der Polizei entschuldigt und trat für einen Dialog mit den Parkbesetzern in Istanbul ein. Erdogan missbilligte das. Arinç soll daraufhin eine Kabinettsitzung verlassen und seinen Rücktritt erklärt haben. Gül soll ihn umgestimmt haben.

Auch jetzt scheint Arinçs Rücktritt denkbar, wäre aber vor dem Wahljahr 2014 ein großer Imageschaden für Erdogan und die Partei. Arinç wird dem Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen zugerechnet. Auch am Dienstag, in der Rede vor der Fraktion, fand Erdogan keine entschuldigenden Worte für den Parteifreund. "Missverständnisse" würden innerhalb der Partei bereinigt, sagte er nur. (Markus Bernath aus Istanbul, DER STANDARD, 13.11.2013)