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Supermarktpreise sind im Visier der Justiz.
Wien - Gerhard Drexel sieht in der Handelsbranche die Angst umgehen und malt ein Bild des Schreckens: Der Wirtschaft droht der Stillstand, und die Nahversorgung stockt. Kleine Lebensmittelproduzenten sind bedroht und mit ihnen die kulinarische Vielfalt. Das alles zum Schaden des Standorts Österreich und der Konsumenten. Und die Schuld daran trägt, daran lässt der Spar-Chef keine Zweifel, die Bundeswettbewerbsbehörde.
Drexel legt im Kräftemessen mit der Kartellbehörde rund um Preisabsprachen zwischen Handel, Lieferanten und Rivalen ein Schäuflein nach. Er spricht von "realitätsverweigernder Gängelung der Wirtschaft und Grundlagenirrtümern" der Behörde. Auch die Behörde ist nicht müßig: Die Wiener Staatsanwaltschaft soll laut Infos des Standard Ermittlungen gegen Drexel und Spar unter der Aktenzahl 501St157/13g eingeleitet haben - nachdem Salzburg die Zuständigkeit zuvor zurückgewiesen hatte. Eine Sprecherin der Justizbehörde bestätigt dies aber nicht.
Auslöser war eine Anzeige der Wettbewerbsbehörde (BWB). Drexel bezichtigt sie der Erpressung von Lieferanten und der Verwendung von Spionagesoftware. Was Amtsmissbrauch wäre.
Seit den Hausdurchsuchungen dieses Jahres wetzen Spar und die BWB ihre Klingen. Der Handelsexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, Peter Schnedlitz, schlägt sich auf die Seite von Drexel: "Die BWB schießt übers Ziel hinaus." Hätte sich Red Bull einstens an alle Vorgaben der Behörde gehalten, verstaube es heute als billiges Kracherl in der dritten Regalreihe.
Strittig ist, wie weit Handel und Industrie über Preise verhandeln dürfen und wann verbotene Absprachen beginnen. Spar ist überzeugt, dass man sich neben den Einstandspreisen auch über Verkaufspreise und Aktionen austauschen müsse. Das sei vor allem für kleine Lieferanten notwendig. Die BWB hält das aber für gesetzlich unzulässig. Drexel sieht nicht die Handelsketten, sondern weltweite Markenartikelkonzerne Marktmacht missbrauchen. Bei einzelnen Produkten hätten diese bis zu 90 Prozent Marktanteil und drängten auf höhere Einstandspreise weit über ihren Kostensteigerungen. Drexel soll dazu Stichhaltiges vorlegen, fordert die BWB. Für ein Verfahren reiche ein Datenkonvolut von Marktforschern nicht aus. Die BWB dränge die Lieferanten in Selbstanzeigen, sagt Drexel, wer Spar mithineinziehe, zahle weniger Bußgeld. Aus Justizkreisen ist wiederum zu hören, dass Spar Lieferanten anbiete, Anwaltskosten und Strafen zu übernehmen, sehen diese von Settlements ab.
Drexel ruft Sozialpartner nun auf, Vorschläge für Verhaltensregeln für die Branche zu erarbeiten. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 13.11.2013)