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Im Operationssaal muss es warm sein, damit die Patienten nicht auskühlen.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Chirurgin wollte ich immer werden, weil Chirurgen Handwerker sind und ich für mein Leben gern mit Werkzeug hantiere. - Und meine Voraussetzungen waren gut. Berührungsängste hatte ich keine und der Anblick des menschlichen Körpers von Innen ist für mich von einer besonderen Ästhetik.

Den Aufenthalt auf der Chirurgie, der für Turnusärzte verpflichtend aus vier Monaten besteht, habe ich deshalb gleich mal auf ein Jahr ausgedehnt. Mein Interesse wurde belohnt, regelmäßig wurde ich von den Oberärzten in den OP geholt.

Raue Sitten

Die Atmosphäre dort war das Richtige für mich. Unter den Chirurgen herrschte ein etwas rauer Ton und der OP-Saal wurde immer mit der Lieblingsmusik des jeweilig Operierenden beschallt.

Als Turnusarzt ist man im Operationssaal allerdings nicht viel mehr als ein Zureicher. Absaugen, Gefäßklammern halten und wenn's hoch hergeht am Ende der Operation die Klammern setzen oder vielleicht sogar Hautnähte machen.

Schwerstarbeit

Ich bin von Natur aus eher zart gebaut und habe zudem noch eine ziemlich kleine Blase. Trinken vor einer großen Operation war also ein absolutes No-Go und das obwohl es in den OP-Räumlichkeiten bei längeren Aufenthalten gefühlte 30 Grad hatte und die Kleidung eher an winterliche Temperaturen angepasst war. Stundenlange Eingriffe wurden so für mich zur Geduldsprobe. Was konnte schon peinlicher sein, als wenn mir im OP der Kreislauf versagte?

200 Kilogramm brachte der Patient auf die Waage, dem ich diese Peinlichkeit irgendwann zu verdanken hatte. Weil, wenn ein Mensch morbid adipös ist, dann sind auch seine inneren Organe nicht gerade klein. Mit einem speziellen Haken durfte ich die Leber dieses Patienten aus dem Blickfeld es Operateurs halten. Schwerstarbeit im wahrsten Sinn des Wortes.

"Frau Doktor, sind sie noch da?", fragte mich der Operateur. Genau genommen lag ich da schon auf dem Boden. Meine Beine hatten versagt, meine Blase aber ganz phantastisch gehalten. (Regina Walter, derStandard.at, 13.11.2013)