Jerusalem/Brüssel - Israel hat im Streit mit der Europäischen Union um Sanktionen gegen seine Siedlungen in den besetzten Gebieten nach einem Medienbericht weitgehend nachgegeben. Die israelische Regierung habe in Brüssel einen fertigen Vertragsentwurf für die künftige Forschungszusammenarbeit vorgelegt, meldete die Tageszeitung "Haaretz". Darin werde erstmals die europäische Position anerkannt, dass EU-Gelder nicht in Projekte fließen dürfen, die jenseits der Grenzen Israels vor dem Sechstagekrieg von 1967 liegen.

Die israelische Beteiligung am europäischen Kooperationsprogramm "Horizont 2020" war in den letzten Monaten heftig umstritten, nachdem die EU neue Zulassungskriterien für Israel beschlossen hatte. Das Programm fördert von 2014 bis 2020 Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus einem EU-Topf.

Territorialklausel als Stein des Anstoßes

Ende Juni in Brüssel veröffentlichte Leitlinien sehen ab Jänner 2014 für alle Kooperationsabkommen im Forschungsbereich eine Territorialklausel vor. Diese soll verhindern, dass EU-Fördermittel für israelische Institutionen oder Unternehmen auch Siedlungen in den seit 1967 besetzten Gebieten im Westjordanland, in Ostjerusalem und auf den Golanhöhen zugutekommen. Israelische Regierungsvertreter hatten zunächst betont, die Forschungsstätten würden aus Prinzip nicht verpflichtend erklären, dass sie keine Verbindungen zu den Siedlungen unterhielten.

Wie "Haaretz" berichtete, waren die Gesandten aller 28 EU-Mitgliedsländer in Israel am Montag auf Einladung des EU-Botschafters in Tel Aviv, Lars Faaborg-Andersen, zusammengekommen. Dieser habe sie über den israelischen Textvorschlag informiert. Faaborg-Andersen habe in Aussicht gestellt, dass in den nächsten Tagen eine Einigung erreicht und das Abkommen noch im November unterzeichnet werden könne. Der Sprecher der EU-Botschaft in Israel sagte auf Anfrage, wegen der Vertraulichkeit der Verhandlungen könne er den Zeitungsbericht nicht kommentieren.

Israelische Regierungsvertreter bestätigten gegenüber "Haaretz", dass der in Brüssel eingereichte Entwurf der EU "sehr weit entgegenkomme". Nach Angaben eines europäischen Diplomaten will Israel eine Klausel in das Abkommen einfügen, die die eigene Position verdeutlicht. Demnach bedeute die Anerkennung der EU-Position zu den besetzten Gebieten nicht, dass dadurch die künftigen endgültigen Landesgrenzen vorherbestimmt werden, die einzig in Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern definiert werden könnten.

Einziger Partner außerhalb Europas

Wegen des im internationalen Vergleich hohen Standards der israelischen Forschungseinrichtungen ist das EU-Interesse groß, das Land als einzigen außereuropäischen Partner im Programm "Horizont 2020" zu haben. Israel hatte schon am 2013 endenden Vorläuferprogramm teilgenommen. Nach Expertenschätzung würde Israel in der siebenjährigen Laufzeit des Abkommens rund 600 Millionen Euro in den Fördertopf einzahlen und am Ende mehr als eine Milliarde Euro an Forschungsmitteln daraus erhalten. (APA/red, derStandard.at, 16. 11. 2013)