Bankexperte Brett King findet, dass Geldinstitute vom Online-Buchhandel lernen können. Echte Filialen hätten auch künftig eine Rolle, aber immer mehr Dienste müssten digital werden.

Foto: HO

So wie Amazon den Online-Buchhandel revolutioniert hat, wird es künftig mit der Finanzbranche passieren. "Nicht alle Buchläden verschwinden, aber die meisten. Genauso wird es bei den Banken sein, es wird weniger und kleinere Filialen geben", sagt Brett King im Standard-Gespräch. King hat zu den digitalen Umwälzungen und dem schwindenden Filialgeschäft der Bankenbranche Bücher verfasst (etwa Bank 3.0), ist Gründer der digitalen Direktbank Movenbank und Berater internationaler Geldinstitute. Zuletzt war er auf Einladung des Innovations-Hub der Erste Bank in Wien.

Doch für den gebürtigen Australier hört die digitale Innovation im Bankgeschäft nicht damit auf, dass Kunden übers Internet Bankgeschäfte machen können. "Wirklich spannend bei Amazon war die Erfindung des Kindle. Er hat die Erfahrung des Buchlesens auf eine neue Ebene gehoben und völlig umgekrempelt, wie Menschen heutzutage ein Buch kaufen." Genau in diese Richtung müssten auch Banken gehen, sagt King. Die Rolle der Filiale müsse sich daher ändern. "Sie ist der Ort, an dem die Beziehung zwischen Bank und Kunde seinen Ausgang nimmt. Aber der Kunde muss online neue Dienste von seiner Bank unkompliziert bekommen."

Doch nach wie vor würde ein Gros der Geldhäuser im Internet lediglich Werbeplattformen unterhalten, auf denen die Produkte angepriesen, aber nicht direkt gekauft werden können. "Das macht aber keinen Sinn. Es wäre so, als könnte man sich auf Amazon.com nur Bücher ansehen, sie aber nicht kaufen." Wenn eingesessene Banken diese Lücke nicht schließen, würden es junge Unternehmen machen, glaubt King.

Sinnvolles für die Kunden

Tatsächlich würden die meisten Bankkunden heutzutage bei anderen Dienstleistungen bereits merken, wie viel digital möglich ist: "Wenn ich weiß, dass ich mein Telefon verwenden kann, um einen Flug zu buchen und einzuchecken, den Boarding Pass aufs Handy laden kann und mithilfe des Smartphones ins Flugzeug komme, wieso kann ich dann meinen Kontoauszug nicht übers Smartphone bekommen?" Aktuell arbeiten alleine in den USA 280 Start-ups, kleine Unternehmen, an Innovationen im Zahlungsverkehr. Unternehmen wie Square oder Paypal erlauben es, Zahlungen in Echtzeit abzuwickeln. Der Internetriese Google etwa bietet eine virtuelle Geldbörse an, die vorerst nur in den USA verfügbar ist.

"Aber eines ist klar. Digitale Konkurrenten werden den etablierten Marken im Bankbereich Marktanteile streitig machen." Der mögliche Wettbewerb erstreckt sich auch in Österreich auf einen immer größeren Markt. Knapp zwei Drittel hierzulande haben bereits ein Smartphone.

Doch nach wie vor ist die Bankomatkarte das wichtigste Werkzeug im Bankgeschäft: "Dabei ist eine Plastikkarte eigentlich ziemlich dumm", sagt King. "Sie kann nur eine Ja-Nein-Antwort geben. Kann ich gerade Geld abheben oder nicht? Aber die wichtige Information, wie hoch der Kontostand gerade ist, ist nicht ohne weiteres ersichtlich." Movenbank etwa hat Smartphone-App und Zahlmöglichkeit eng verzahnt. Kunden sehen etwa bei ihrem Einkauf, wann sie zuletzt in dem Unternehmen einkaufen waren und wie viel sie gezahlt haben. Daher sollten Banken bei ihren digitalen Apps darauf achten, Kunden beim Sparen zu helfen: "Das Internet hat die Transparenz massiv erhöht, es geht heute mehr darum, den Kunden Werkzeuge zu geben, ihr Geld sinnvoller zu managen." (Lukas Sustala, DER STANDARD, 14.11.2013)