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Lufthansa wird in Paris vor Gericht zitiert. In der Klage geht es um "die Verletzung der Personenrechte durch Registrierung", einen Tatbestand des französischen Rechts.

Foto: AP/Dedert

Eines muss man dem Lufthansa-Manager lassen: Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Zumindest nicht auf jenem Blatt Papier, auf dem er sich zu gut 50 Angestellten der französischen Niederlassung äußert.

Einige kommen ganz gut weg: "Hoch engagiert und motiviert" seien sie oder "lieb, nett, flexibel", zum Teil gar "100 Prozent zuverlässig und sehr ruhig". Eine Mitarbeiterin ist der "Feldwebel" des Pariser Lufthansa-Büros. Einer ist "abgeschliffen, aber OK", ein anderer hingegen "verbraucht, gemobbt", einer sogar "sehr arrogant" und zur "Selbstüberschätzung" neigend. Und schließlich gibt es zwischen all den Falschparkern und Sudoku-Lösern am Arbeitsplatz auch eine, die "mault gerne".

Bei Lufthansa in Frankreich arbeiten auch welche, die sind "nett, aber nicht so schlau". Eine ist eigentlich "unfähig, kann aber ins Glied zurückgeführt werden", obwohl sie einmal an einem Streik mitgemacht hatte. Hoffnungslos scheint hingegen ein deutscher Mitarbeiter: "Die Lethargie in Person, faul, eigentlich untragbar." Oder auch ein französischer Kollege: "Ein schwerer Fall, Labertasche ohne Ergebnis".

Das fünfseitige, in unregelmäßiger Handschrift gehaltene Dokument in deutscher Sprache wurde dem Vernehmen nach auf dem Bürotisch des besagten Kadermitgliedes gefunden. Diese Woche landete es im Briefkasten eines Pariser Gerichtes. Ein Gewerkschafter des besagten Unternehmens reichte Klage wegen der "Verletzung der Personenrechte durch Registrierung" ein, einem Tatbestand des französischen Rechts.

"Linke Ratte"

Dieser Arbeitnehmervertreter, im Betrieb als Personalplaner tätig, wird in dem internen Papier als "linke Ratte" bezeichnet, der "mit Ämtern nur Kohle machen will". Außerdem sei er chronisch krank und habe eine "begr. Lebenserwartung".

Von zwei Mitarbeiterinnen heißt es, sie hätten ein behindertes Kind beziehungsweise einen indischen Mann; ein Mitarbeiter habe Aids. Dann ist da noch eine Dame, die "gilt als Autorität, hat aber eine tiefsozialistische Grundeinstellung".

Von einem ihrer Berufskollegen heißt es, er habe einen "Streik angezettelt", bevor er zehn Monate Bildungsurlaub eingegeben habe. Neben anderen "Schlechtleistern" und "Schlaftabletten" gibt es auch noch einen "ewiggestrigen" Gewerkschafter, der gerne aufsteigen würde. Kommentar: "No chance!"

Mitarbeiter versetzt

Das Dokument wurde möglicherweise an andere europäische Büros weitergeleitet, lautet doch ein Eintrag darüber "CDGSL Übergabe". Lufthansa war vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar, meinte aber offenbar gegenüber der Zeitung Le Parisien, die den Fall aufgebracht hatte, diese Art von Personalbeurteilung stehe "in völligem Widerspruch zu den Werten" des Unternehmens. Der Autor der Zeilen soll an einen unbekannten Ort versetzt worden sein. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 14.11.2013)