Wien - "Was soll ich tun?" heißt seit Immanuel Kant eine der vier großen Fragen zum Thema Menschsein. Seit seine Kollegin Judith Butler ihre Mitmenschen aber darüber aufgeklärt hat, dass Frau- oder Mannsein eine Art Textbuch ist, das man uns in die Hand drückt und das wir aufzuführen haben, muss die Frage eigentlich anders lauten: Wie soll ich es tun?

Die Novemberausgabe der Zeitschrift Wespennest bietet zwar keine endgültigen Antworten, immerhin aber sehr bedenkenswerte Ansätze sowie Gedichte und Erzählungen zum Thema "Mind the Gap. Baustelle Gender". In einem lesenswerten Interview erklärt hier etwa die Kulturtheoretikerin Christina von Braun, was Geld mit Geschlecht zu tun hat, Literaturwissenschafterin Christine Lötscher wendet sich in ihrem Beitrag Freiheit, Wahnsinn und Leidenschaft den Frauenfiguren in der zeitgenössischen Popkultur zu - M in James Bond ebenso wie den neuen Teenager-Heldinnen Anastasia Steele und Bella Swan oder der Hauptfigur der TV-Serie Homeland.

Auch die alljährlich von der Alten Schmiede veranstaltete Reihe "Literatur im Herbst" widmet sich am Wochenende dem Thema "Gender Tun und Lassen". Die eingeladenen Autoren wenden sich im Odeon-Theater den Feldern "Mann und Frau", "Normen", "Macht" oder "Liebe" zu. Die Hamburger Journalistin Nina Pauer versucht ebenso wie Autor Philipp Schönthaler zu ergründen, wie Menschen um die dreißig in einer neoliberalen Gegenwart zwischen Konsum und Kommunikation navigieren.

Ex-Fußballerin Katja Kraus hat Menschen getroffen, die auf die eine oder andere Weise gescheitert sind, und daraus ein Buch gemacht. Schließlich gibt es schier unendliche Möglichkeiten, soziale Normen (erst recht jene des Geschlechts) nicht oder eben ganz falsch zu erfüllen. Wie das in der Ukraine aussieht, berichtet Oksana Sabuschko in ihrem Roman Museum der vergessenen Geheimnisse. Und die großartige Literaturwissenschafterin Barbara Vinken macht sich an "Das Geheimnis der Mode". Ein wichtiges Thema - immerhin geht es hier darum, welches Kostüm wir für die Interpretation unserer Rolle auswählen. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 15.11.2013)