Es sind auch in Deutschland bei den Verhandlungen über eine große Koalition gewisse Ermüdungserscheinungen zu konstatieren. Zwar verfügen CDU/CSU und SPD im Bundestag über eine bequeme, weil äußerst üppige Mehrheit. Doch eigentlich hätte Kanzlerin Angela Merkel Schwarz-Gelb gerne fortgesetzt.

Für die SPD ist der Gang in die große Koalition ohnehin ein Übel höheren Ranges. Zu schlecht sind die Erinnerungen an das letzte derartige Bündnis. Aber die SPD-Spitze will sich aus Verantwortungsgefühl nicht verweigern.

An der Basis ist die Bereitschaft, wieder unter Angela Merkel zu dienen, deutlich wenig ausgeprägt. Es war daher kein ungeschickter Schachzug, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel jetzt das Signal für die Öffnung zur Linken gegeben hat. Diese Annäherung ist jenes dunkelrote Zuckerl, das vielen Genossen die große Koalition versüßen soll.

Jetzt gleich kann es Rot-Rot-Grün nicht geben. Die SPD beginge in diesem Fall einen gravierenden Wortbruch, würde unzählige Sympathien verspielen und sich auf Jahre hinaus marginalisieren.

Aber die Genossen sollen, wenn sie schon brav hinter der Parteispitze in Richtung Schwarz-Rot traben, wenigstens eine Perspektive für 2017 haben. Und diese lautet: Die Koalitionsverhandlungen anno 2013 sind die letzten, bei denen sich die SPD in Ermangelung eines Partners als Junior an die Union binden muss. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 15.11.2013)