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Ein letzter Tschick: Raucherräume sind Ausnahmen vom allgemeinen Rauchverbot.

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Ein längst überfälliges Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sorgt für Aufsehen: Ein Raucherraum ist laut Gesetz eine Ausnahme vom ansonsten gültigen Rauchverbot. Daher ist es nicht zuzumuten, dass ihn die Nichtraucher betreten müssen.

Wilhelm Turecek von der Wirtschaftskammer Wien hat das Höchstgericht daraufhin einen "Totengräber" für Gastronomen genannt. Er habe überdies "von Gesundheitsminister Alois Stöger die persönliche Zusage, dass in seiner Periode nichts geändert wird". Im Sinne der Rechtssicherheit fordert die Wirtschaftskammer eine dringende Reparatur des Tabakgesetzes.

Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner müsste das Tabakgesetz geringfügig angepasst werden. Es gehe um Vertrauensschutz. Der Gesundheitsminister wagt dagegen, eine eigene Meinung zu vertreten: Das Erkenntnis des Gerichtes sei durchaus im Sinne des Tabakgesetzes. Die Wirtschaftskammer droht daraufhin mit Klage, immerhin seien viele Wirte betroffen - 15.000 heimische Betriebe, heißt es.

Aussichtslosigkeit einer Klage

Derzeit geht es um Amtshaftungsklage auf Schadenersatz wegen falscher Rechtsauskunft. Das Gesundheitsministerium hatte im Jahr 2008 erklärt, dass ein nicht rauchfreier Zugang zum Nichtraucherbereich zumutbar wäre. Der Vertrauensschutz im österreichischen Verfassungsrecht bedeutet aber etwas anderes, nämlich dass der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz aufhebt und den Status quo ante wiederherstellt.

Amtshaftung würde voraussetzen, dass das Ministerium schuldhaft, also bewusst oder fahrlässig, falsche Auskunft erteilt hätte. Da die Wirtschaftskammer nach wie vor behauptet, dass ein rauchfreier Zugang zum Nichtraucherbereich nicht im Sinn des Tabakgesetzes sei, kann sie schwer sagen, das Ministerium habe das Gegenteil gewusst oder wissen müssen.

Auf die Aussichtslosigkeit einer Klage deutet auch die Einschätzung von Bernd-Christian Funk hin: Der Verfassungsjurist taxiert die Klagschancen als "sehr gering bis gegen null". Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl verlangt inzwischen eine rasche politische Lösung. Klagen erwähnt Leitl nicht mehr.

Generelles Rauchverbot möglich

Wie aber wäre die Rechtssituation bei einem generellen Rauchverbot? Ein Rechtsgutachten Wolf Szymanskis (im Auftrag des Gastronomen und Proponenten der Raucherlobbyplattform "Rauchfrei(heit)" Stefan Gergely) und die Rechtsmeinung Funks aus dem Jahr 2010 besagten, dass der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz ein generelles Rauchverbot unmöglich mache. Wer umgebaut hat, könne weiter rauchen lassen.

Funk und Szymanski argumentierten weiter, dass erst kurz zuvor ein Rauchverbot mit Ausnahmen erlassen worden war. Das trifft heute nicht mehr zu. Außerdem kann sich jemand, der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage investiert hat, nur in Ausnahmen erfolgreich auf den Vertrauensschutz berufen. Szymanski nennt als Beispiel, dass sich in Tirol Frächter lärmarme Lkws angeschafft hatten, weil diese vom Nachtfahrverbot ausgenommen waren. Als man auch diesen Lkws später die Nachtfahrten verbieten wollte, wurde dieses neue Verbot für "verfassungswidrig" erklärt.

Der VfGH begründete seine Entscheidung jedoch damit, dass die Frächter durch die Ausnahme vom Verbot zu diesen Investitionen motiviert und veranlasst worden waren. Die Ausnahme für lärmarme Lkws sei zugleich als Maßnahme der allgemeinen Verkehrspolitik gedacht gewesen, um die Umstellung der Transportwirtschaft zu bewirken. Es wäre also nur dann vergleichbar, wenn die Lokalumbauten gezielt vom Gesetzgeber beabsichtigt worden wären. (Georg Nitsche, DER STANDARD, 15.11.2013)