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"Zwei Reiter am Strand", zweite Version: 2009 erwarb der Düsseldorfer Galerist Manuel Ludorff diese, der Forschung bislang unbekannte Version. Auf den ersten Blick ähneln sich die "Zwillingsbilder" frappant. Die Unterschiede liegen im Detail: konkret in der Anzahl der Beine des hinteren Pferdes.

Foto: Der Standard Archiv/Sotheby's

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"Zwei Reiter am Strand", erste Version: "Standort unbekannt", lautet der Vermerk im Werkverzeichnis. Seit vergangene Woche weiß man, das ursprünglich aus der Sammlung David Friedmanns stammende Gemälde ist eines der 1.406 in Cornelius Gurlitts Wohnung beschlagnahmten Kunstwerken.

Foto: AP/Staatsanwaltschaft Augsburg

"Die Pferde - ein Brauner und ein Fuchs - wundervoll in der Bewegung, besonders das hintere, das, durch das Wasser unter seinen Hufen nervös gemacht, den Reiter beschäftigt. Fein die Silhouette der dunklen Reiter gegen die bewegte See und die graue Luft." So beschrieb ein Kritiker Max Liebermanns 1901 gemalte Reiter am Strand. Ein Meisterwerk des Deutschen Impressionismus, das zuletzt 1960 in einer Ausstellung zu sehen war. "Standort unbekannt", vermerkte Autor Matthias Eberle im 1996 publizierten Werkverzeichnis. Unter Nummer 1901/14 werden als Vorbesitzer David Friedmann (Berlin), Hildebrandt und dessen Ehefrau Helene Gurlitt genannt. Seit 1960, als das Gemälde im Zuge einer Ausstellung auch in Wien zu sehen war, wusste niemand über den Verbleib. Seit vergangener Woche weiß man: Es ist eines von insgesamt 1406 bei Cornelius Gurlitt beschlagnahmten Kunstwerken.

Gurlitt-Effekt

Ursprünglich hatte es dem Künstler und Corinth-Schüler David Friedmann gehört, der 1938 mit seiner Familie nach Prag flüchtete. Sein Besitz (u. a. Kunstwerke) verblieb bei einer Spedition in Berlin, wo er 1941 von der Gestapo eingezogen wurde. Über welche Kanäle Hildebrandt zu diesem Gemälde kam, ist nicht bekannt. Als der Kunsthändler 1945 festgenommen worden war, hatten die Amerikaner auch Kunstwerke (125 Gemälde und Zeichnungen) sichergestellt, die man ihm (bis auf zwei) 1950 retournierte, darunter auch dieses Liebermann-Werk.

Das Interessante: Laut einem Bericht der FAZ hatten die Friedmann-Erben das Gemälde vor zwei Jahren bei Lostart, der offiziellen Datenbank für "NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter" in Deutschland, als Verlust gemeldet. Die Staatsanwaltschaft habe die Erben jedoch nicht über den Fund in Gurlitts Wohnung informiert. In den letzten Tagen wurde das Kunstwerk in nahezu allen Medienberichten veröffentlicht, hat bereits einen eigenen Wikipedia-Eintrag und gilt mit als das bekannteste Sujet und Symbol für den spektakulären Gurlitt-Fall.

Eine Prominenz, die einem Düsseldorfer Galeristen ein Geschäft zu vermasseln droht. Im Juni 2009 hatte Manuel Ludorff bei Sotheby's in London nämlich eine bislang unbekannte zweite Version ersteigert. Sie stammte aus der Sammlung des Verlegers Samuel Fischer und war über Otto Kalir in eine amerikanische Privatsammlung gelangt. 980.000 Euro hat Ludorff für dieses Zwillingsbild nun veranschlagt, das bei genauerem Blick in mehreren Details Unterschiede aufweist, etwa in der Anzahl der Beine des hinteren Pferdes: Bei dem verschollenen und nun bei Gurlitt aufgetauchten sind es vier, bei dem im Werkverzeichnisnachtrag künftig unter Nummer 1901/14a gelisteten sind es dagegen nur drei. Der Galerist hat das Gemälde nun vorerst in sein Depot verbannt. (kron, Album, DER STANDARD, 16./17.11.2013)