Eine Fläche aus flexiblem Gewebe umspannt die gesamte Sitzeinheit wie eine Bank.

Foto: Seymourpowell

Die Rückenlehne gehört dem Hintermann.

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Die beweglichen Teile ermöglichen die individuelle Einstellung jedes einzelnen Sitzes.

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Je nach Anspruch kann so mehr oder weniger Raum gekauft werden.

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Nackenschmerzen, Schweißausbrüche, Ellbogenkämpfe, grenzenlose Wut - Fugzeugsitze in der Economy Class. Die Bevölkerung wächst - nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in die Höhe - und in die Breite. Laut einem OECD-Gesundheitsbericht 2012, sind allein in Europa 52 Prozent der Menschen übergewichtig oder sogar fettsüchtig. Außerdem werden die Europäer immer größer. Wir brauchen also immer mehr Platz. 

Gleichzeitig wird der Platz in den Flugzeugen eher weniger als mehr. Wirtschaftlicher Druck zwingt die Fluglinien dazu, die Passagiere näher zusammen rücken zu lassen. Etwa 80 Zentimeter Abstand zum Vordersitz sind Durchschnitt, die Sitzbreite beträgt um die 43 Zentimeter.

Airbus hat zumindest vorgeschlagen, die Sitzbreite auf 45,7 Zentimeter zu erweitern, doch selbst dieses Maß kann für Menschen mit Übergewicht oder für sehr große Menschen zum Albtraum werden, vor allem auf Langstreckenflügen. Laut Umfragen sind es dann auch unbequeme Sitze, die Reisenden die meisten Nerven kosten.

Flexibilität für mehr Komfort

Eine britische Designfirma hat nun vielleicht die Lösung für die unerfüllten Träume vieler Passagiere, die mit schmerzenden Gliedern, unausgeschlafen und gereizt am Ziel ankommen. Flexible Sitze.

Das Konzept der Firma Seymourpowell sieht eine Bestuhlung vor, die das Dilemma des Platzmangels in der Economy Class beenden soll. Die wie Bänke gestaltete Sitze namens "Morph" haben einen durchgehenden Korpus, der Rückenteil ist fix installiert und gehört sozusagen zum hinteren Sitz. Durch das durchgehende Gewebe lässt sich jeder Sitz individuell einstellen - von sehr schmal bis sehr breit. Nach Vorstellung der Designer, soll der Preis die Breite bestimmen und wer mehr für seinen Sitzplatz bezahlt, soll auch mehr Platz zur Verfügung haben. Kinder könnten dadurch, dass sie weniger Platz brauchen günstiger fliegen.

 

Weiters ließen sich bei diesen Sitzen die Tiefe der Sitzfläche und der Rückenlehne individuell vom Passagier verstellen und würden so für mehr Komfort und Sicherheit sorgen.

Schiebung im Flugzeug

Möglich ist das, in dem die herkömmlichen Schaumstoffpolsterungen durch ein durchgehendes Gewebe ersetzt werden. Ein Teil überspannt die Sitzfläche, ein Teil überspannt die Rückenlehne. Dazwischen befinden sich bewegliche Teile. So können sich Passagiere sogar zurücklehnen, ohne den Sitznachbar in der hinteren Reihe damit zu beeinträchtigen. Außerdem können die Armlehnen ausgeklappt werden, der Ellbogenkampf hätte damit ein Ende.

"Passagiere, die es sich leisten können, genießen schon jetzt den Service der Business oder First Class. Nur jene, die Economy reisen müssen, haben keinen Einfluss auf den Reisekomfort. Der "Morph" ist ein Standardsitz, der sich auf die individuellen Bedürfnisse der Passagiere einstellen lässt", erklärt Jeremy White von Seymourpowell. Mit dem flexiblen Sitz könne auf viele Ansprüche eingegangen werden: die allein reisende Frau, die stillende Mutter, ältere Menschen oder eine Familie, die gemeinsam verreist. "Momentan stecken wir alle in einem Sitz fest, der uns starr eine Sitzposition vorgibt, seit Jahren unverändert", so White.

Der Passagier kauft sich mit diesem Konzept nicht einen fixen Sitz, sondern den Platz im Flugzeug, den er für sich in Anspruch nehmen will. Dass das Konzept auch in der Praxis umgesetzt wird, ist allerdings unwahrscheinlich. "Es handelt sich bei "Morph" tatsächlich nur um eine Idee. Wir haben das Konzept entwickelt, um die Debatte um die Sitzplätze in der Economy Class anzukurbeln", erklärt Erwin Smith von Seymourpowell auf Anfrage. "Wir wollten zeigen, dass es nicht notwendig ist, immer mehr Menschen in die Flugzeugkabinen zu stopfen, sondern dass sich mit Mitteln der modernen Architektur auch andere Lösungen finden lassen würden. " (todt, derStandard.at, 19.11.2013)