Rotkäppchen will zur Großmutter, das ist klar. Wo das Märchen herkam, wollen jetzt britische Wissenschafter klären.

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London/Washington - Es war einmal ein kleines süßes Mädchen. Klar, wie die Geschichte vom "Rotkäppchen", das sich auf ihrem Weg zur kranken Großmutter vom Wolf ablenken lässt, weitergeht, ist hinlänglich bekannt.

Britische Forscher wollten es nun aber ganz genau wissen und haben die Ursprünge des Märchens analysiert. Dafür nutzten sie ein mathematisches Modell, das normalerweise von Biologen genutzt wird, um die Entwicklung verschiedener Arten zu untersuchen.

Verwandte vom Wolf und den sieben Geißlein

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschafter um den Anthropologen Jamie Tehrani von der Universität in Durham in der US-Fachzeitschrift PLOS ONE. Der Untersuchung zufolge ist "Rotkäppchen" eng verwandt mit dem Märchen "Der Wolf und die sieben jungen Geißlein", das sich allerdings schon im ersten Jahrhundert nach Christus und somit 1.000 Jahre früher in Europa und im Nahen Osten verbreitete.

"Rotkäppchen" erschien in den vor über 200 Jahren veröffentlichten Märchenbüchern der Gebrüder Grimm, geht laut Tehrani aber auf ältere mündliche Überlieferungen aus Frankreich, Österreich und Norditalien zurück. Abwandlungen der Geschichte werden auch in Afrika und Asien erzählt.

Ein Märchen in 58 Varianten

Tehrani untersuchte 58 Varianten der Geschichte. Er konzentrierte sich dabei auf 72 Variablen und verglich etwa, ob es sich beim Hauptcharakter um ein Mädchen, einen Buben oder um Geschwister handelt, ob der Bösewicht in Gestalt eines Wolfes, eines Tigers oder eines anderen Tieres auftritt und ob der Protagonist am Ende gerettet wird oder nicht.

Von Europa nach China, nicht umgekehrt

Vermutungen, wonach "Rotkäppchen" über China den Weg nach Europa gefunden hat, wiesen die Forscher zurück. "Meine Untersuchungen zeigen, dass die chinesische Version der europäischen mündlichen Überlieferung entstammt und nicht umgekehrt", erklärte Tehrani. Die chinesische Variante sei eine Mischung aus "Rotkäppchen", "Der Wolf und die sieben jungen Geißlein" sowie lokalen Erzählungen. (APA, 15.11.2013)