Indie-Weltuntergang: "Everybody's Gone To The Rapture" beeindruckt auch grafisch.

Foto: Hersteller

Den Indie-Weltbestseller "Minecraft" spielen über 30 Millionen Menschen.

Foto: Hersteller

 Das hübsche Adventure "Rime" soll 2014 für PS4 erscheinen.

Foto: Hersteller

Das stimmungsvolle Pixelabenteuer "Below" erscheint für Xbox One.

Foto: Hersteller

Das Indie-Rätselspiel "The Witness" für PS4 verspricht atmosphärisches Tüfteln.

Foto: Hersteller

Moderne Videospiele bieten Bombastgrafik, kosten hunderte Millionen Dollar und verkneifen sich deshalb größere Experimente - das sogenannte Triple-A-Segment der Games-Branche steht beim Start der neuen Konsolengeneration im Rampenlicht. Unter den Füßen dieser massenmarktsuchenden Dinosaurier blüht aber eine lebendige Untergrundszene: Independent-Games, also Spiele von meist kleinen, nicht an einen Publisher gebundenen Entwicklern, bieten zum niedrigen Preis originelle Experimente, nostalgischen Retro-Charme oder schlicht spannendes Nischenprogramm.

Hits aus dem Untergrund

Ausgehend von der offenen Plattform PC haben sich Indie-Spiele in den letzten Jahren zu regelrechten Innovatoren gemausert. Mit der PlayStation 4 und der Xbox One sollen sie neben den Hochglanzproduktionen nun auch verstärkt Einzug in die Konsolenwelt halten. Bestseller wie "Minecraft", Internetphänomene wie der Gruselschocker "Slender" oder auch das Universum des Mobile-Gamings sind untrennbar mit dem Schlagwort "Indie" und der dazugehörigen Community verknüpft. Seit einigen Jahren versuchen auch die potenten Konsolenhersteller, am Kuchen mitzunaschen. Mit unterschiedlichen Ansätzen und Erfolgen: Nintendo und Microsoft setzen historisch und aktuell auf eine striktere inhaltliche Kontrolle im wild wuchernden Dschungel unabhängiger Entwickler, während Sony seit einiger Zeit mit entwicklerfreundlichem Vertriebsmodell und der Verknüpfung von Wohnzimmerkonsole und mobiler PS Vita vermehrt auf Offenheit setzt.

Heim für Indies

Diese Nähe zu den Unabhängigen beschert der PS4 bereits zum Start circa 20 Indie-Titel, und auch später locken prominente Namen: Jonathan Blow, Schöpfer des legendären Zeitmanipulationsspiels "Braid", durfte bereits bei der Ankündigung der PS4 sein Rätselwerk "The Witness" vorstellen. Auch das heiß erwartete "Everybody's Gone To The Rapture", in dem Spieler aus verschiedenen Perspektiven einen atmosphärischen Weltuntergang miterleben sollen, wird exklusiv für Sonys Konsole erscheinen. Mit den Fortsetzungen zu Indie-Hits wie dem blutig-trippigen Action-Spektakel "Hotline Miami 2" oder dem wunderschönen Adventure "Rime" im Wasserfarbenstil und dem abgedrehten "Octodad", bei dem man als Octopus im Menschenkostüm versucht, den Alltag zu bewältigen, erwartet neugierige Spieler ein abwechslungsreiches Programm.

Video: "Transistor" erscheint für PC und PS4

Microsoft zieht nach

Im Vergleich zu dieser offensiven Umarmung der Künstlerszene sieht Microsofts Engagement etwas zögerlich aus: Kein einziges Indiespiel wird zur Veröffentlichung der Xbox One verfügbar sein. Das nach lautem Protest hastig nachgereichte Vertriebsprogramm ID@Xbox, mit dem es Studios erleichtert werden soll, ihre Spiele selbst zu vertreiben, soll frühestens 2014 auch Xbox-One-Spielern der Zugang zur bunten Indie-Welt ermöglichen.

Neben dem überall präsenten Klassiker "Minecraft", der bislang mehr als 30 Millionen Spieler in seinen Klötzchensandkasten gelockt hat, und dem hübschen Pixelabenteuer "Below" werden Indie-Freunde in unmittelbarer Zukunft nur wenig von der Xbox One zu erwarten haben - doch immerhin hat Microsoft Besserung gelobt.

Video: "Below" erscheint für Xbox One

Win-win-win-Situation

Auch die Wii U, die bereits seit einem Jahr erhältlich ist, hat nach anfänglichem Zögern Nintendos nun ihre Tore für kleine, unabhängige Spieldesigner geöffnet und bietet mittlerweile eine solide Auswahl an Independent-Werken.

Gut so, denn der Einzug der Kleinen in die Konsolenwelt ist ein Win-win-win-Szenario: Die Plattformbetreiber profitieren ebenso von der Zugkraft der Kreativen wie die Entwickler, die ihr Publikum von PC und Mobile aufs Wohnzimmer erweitern. Und die Konsumenten sind letztlich die größten Gewinner. Neben der gewohnten Kost locken künftig auch die innovativen, charmanten und experimentellen Titel des einstigen Games-Untergrunds an die Controller. (Rainer Sigl, derStandard.at, 17.11.2013)